Gesellschaftswiss. Diss. Kassel. – Die Autorin untersucht die politische Entwicklung Nicaraguas im Zeitraum zwischen 1990 und 2008. Mit dem grundlegenden Wandel auf der politischen Ebene von der Diktatur über Volksdemokratie hin zur liberalen Wahldemokratie nach westlichem Muster verband sich jedoch auch eine Umstellung der Ökonomie von der Plan- zur Marktwirtschaft, beziehungsweise von einer gemischten Wirtschaft sozialistischen Zuschnitts hin zu einer konservativen Politik mit neoliberalen Wirtschaftskonzepten. Insofern zitiert die Autorin die Forschung mit der Feststellung, dass es sich eigentlich um den Fall einer doppelten Transition handele. Butscher stellt einleitend fest, dass die neuen Eliten des Landes nicht zu kontrollieren seien. Diese scheinen vielmehr in der Lage, durch sakrosankte klientelistische Netzwerke, paktierte Machtübergriffe und korrupte Machenschaften „den Demokratisierungsprozess zu unterlaufen und die Herausbildung wirksamer demokratischer Strukturen zu unterminieren“ (16 f.). Insbesondere die tradierte sozioökonomische Machtbasis der Eliten stellt die Autorin als zentralen Faktor heraus. So weist sie auch die wesentlichen Formen der Korruption, administrative, politische, systematische, „grand“- und „petty“-Korruption, nach. Als Voraussetzung für Klientelismus stellt sie „innergesellschaftliche Asymmetrien (arm/reich, Stadt/Land, Mann/Frau) und die gesellschaftspolitische Segmentierung“ (234) heraus. Für die im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden Wechselwirkungen von Demokratie und informeller Herrschaft konstatiert die Autorin letztlich: „In Nicaragua konnte jahrzehntelang unter dem Deckmantel demokratischer Regeln, Institutionen und Rhetorik der Autoritarismus weiter existieren und herrschen, und zwar gleich welcher politischer Couleur“ (251). Die Autorin besuchte für ihre Untersuchung das Land in den Jahren 2005 bis 2007 und führte Leitfaden-Interviews mit Bürgern und Vertretern von Regierungsbehörden, Internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen.