Während seiner Untersuchungshaft von Juni 1992 bis Januar 1993 in Berlin-Moabit legte der ehemalige Staatsratsvorsitzende und SED-Generalsekretär Erich Honecker seine Sicht auf die Entwicklungen in der DDR und – damit ja stets verbunden – der beiden Weltmächte Sowjetunion und USA dar. 1994 wurden die später dann in Chile von Erich und Margot Honecker vollendeten und in Reinschrift gebrachten politischen Erinnerungen erstmals veröffentlicht. In den Moabiter Notizen ist zu lesen, dass sich Moskau aufgrund eines drohenden dritten Weltkrieges, der durch den Einsatz atomarer Waffen die gesamte Menschheit hätte zerstören können, für die Sicherung des Friedens und also den Mauerbau entschlossen habe. Auch die Ereignisse in der Prager Botschaft 1989 sind festgehalten, Genscher hat sie nach Meinung Honeckers für eine „nationalistische Kundgebung“ (34) missbraucht. Die 1994 geschriebenen Vorbemerkungen bezeugen außerdem den Schmerz, den der Autor empfand, als die „DDR auf dem Altar des von Gorbatschow so eifrig verfochtenen ‚europäischen Hauses’“ (16) geopfert wurde. In dieser zweiten Auflage findet sich auch ein Vorwort von Margot Honecker. Sie betont hierin nochmals, dass ihrem Mann in der Anklageschrift ein Schießbefehl unterstellt wurde. Richtig sei allerdings, dass er nur „jenen Befehl Nr. 9/89, der jeden Waffeneinsatz ausschloss, nicht nur gekannt, sondern sogar unterzeichnet hat“ (8). Nach der Lektüre des Buches ist wohl nur eine Aussage Margot Honeckers für jeden Leser wahr: Die Zustimmung oder Ablehnung der im Buch niedergeschriebenen Antworten auf manch „bewegende Frage“ „ist wohl abhängig vom jeweiligen politischen Standpunkt“ (10).