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Tanja Ernst / Stefan Schmalz (Hrsg.)

Die Neugründung Boliviens? Die Regierung Morales

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2009 (Studien zu Lateinamerika 1); 236 S.; brosch., 34,- €; ISBN 978-3-8329-4755-2
Dem Staat als Transformationsobjekt der Gesellschaft ist der erste Beitrag dieses Sammelbandes gewidmet, in dem die „konfliktreichen Umwälzungen“ (10) in Bolivien seit der Regierungsübernahme durch Morales kritisch analysiert werden. Der Philosoph Oscar Vega Camacho, ehemaliger Abgeordneter der Verfassunggebenden Versammlung, beschreibt das Ziel der grundlegenden Veränderungen des Staates: Eröffnet werden soll der „Weg zum guten Leben“. Dem entsprechend markiere der Verfassunggebungsprozess „den Beginn einer notwendigen staatlichen Transformation“ (28). Dabei sei der Staat als soziales Verhältnis zu verstehen, das „vermittelt über Gesetze und Institutionen sowie vielschichtige Strategien und Prozesse einer ungleichen, plurikulturellen Gesellschaft Ausdruck verleiht“ (25). Weiter schreibt Vega Camacho, dass die Voraussetzung, „um eine volle Staatsbürgerschaft in einem plurinationalen Staat voranzutreiben, [...] die kulturelle Ebenbürtigkeit und Gleichheit der Völker und Nationen [ist], aus denen er sich zusammensetzt“ (28). In weiteren Beiträgen, die der neuen Verfassung gewidmet sind, wird diese allerdings nicht durchweg positiv dargestellt. Stefan Jost erinnert daran, dass der Verfassungsentwurf von 2007 „als ausschließendes Hegemonieprojekt und Konstitutionalisierung eines historischen Revanchismus verstanden“ (37) worden sei. Zudem sei das gesamte Projekt symbolisch überladen und das Verfassungsverständnis von Morales problematisch. Abgesehen davon, dass der Entwurf umgeschrieben wurde, erkennt Jost ein positiv zu beurteilendes Ergebnis der Präsidentschaft von Morales: die „irreversible vertikale Machtverteilung vom präsidentialistischen Zentralstaat auf die Departments und Präfekturen“ (44). Im zweiten Themenkomplex geht es um strukturelle Konflikte, wobei u. a. Fabiola Escárzaga kritisiert, dass sich die sozialen Bewegungen nach ihrem Erfolg – die Amtsübernahme durch Morales – zunehmend der Regierungspolitik unterordnen. Im dritten Teil werden einzelne Politikfelder analysiert, u. a. bescheinigt Stefan Schmalz der Regierung, außenpolitisch „einen vollkommen neuen Handlungsradius erlangt und eine hohe Strategiefähigkeit bewiesen“ (230) zu haben.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.21 | 2.22 | 2.23 | 2.261 | 2.262 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Tanja Ernst / Stefan Schmalz (Hrsg.): Die Neugründung Boliviens? Die Regierung Morales Baden-Baden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31898-die-neugruendung-boliviens-die-regierung-morales_38038, veröffentlicht am 01.04.2010. Buch-Nr.: 38038 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken