Der Sammelband ist dem wissenschaftlich bisher wenig beachteten Thema der Zeitorganisation und -struktur von Parlamenten gewidmet, mit dem Ziel, das „Wann“ und „Warum“ von zeitrelevanten Veränderungen im Gefüge parlamentarischer Institutionen analysieren zu können. Leitend ist dabei die Fragestellung, welche akteursspezifischen, aber auch akteursübergreifenden Wirkungen Zeit als Machtressource im parlamentarischen Prozess entfaltet. Der im Bereich der vergleichenden Parlamentarismusforschung angesiedelte Sammelband konzentriert sich dabei auf die Analyse der „Eigenzeit“ von Parlamenten, worunter die Form der „Zeitverwendung“ verstanden wird, die für die jeweils untersuchte Institution charakteristisch ist (16). Nach einer die weitere Darstellung strukturierenden Einleitung, in der wichtige Analysekonzepte vorgestellt und diskutiert werden, wird die Zeitorganisation und -struktur des neuseeländischen House of Representatives, des Deutschen Bundestages, der letzten Volkskammer der DDR, des europäischen Parlaments sowie des Rats der Europäischen Union untersucht. Abschließend werden die Befunde der Fallanalysen zusammengefasst und in den Kontext der vergleichenden Parlamentarismusforschung eingeordnet. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass die Frage der konkreten Macht parlamentarischer Institutionen in großem Maße davon abhängt, inwiefern sie ihre Eigenzeit unabhängig von Einflüssen anderer politischer Akteure und Institutionen gestalten können.