Skip to main content
Markus Büchele

Autorität und Ohnmacht. Der Nordirlandkonflikt und die katholische Kirche

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2009 (Historische Mitteilungen 77); 511 S.; kart., 80,- €; ISBN 978-3-515-09421-4
Obwohl der Nordirlandkonflikt eine konfessionelle Komponente besitzt und die protestantische wie katholische Bevölkerung der Insel im europäischen Vergleich als traditional und religiös gilt, stößt Büchele in eine Forschungslücke. Er fragt nach Reaktion und Einfluss des katholischen Klerus in Nordirland auf den gewaltsam ausgetragenen Konflikt zwischen gegenüber Westminster loyalen Unionisten und irisch-republikanischen Nationalisten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine klare Bestimmung des Faktors Religion innerhalb des Konflikts wird dadurch erschwert, dass die republikanische Seite – im Gegensatz zu den sich religiös definierenden protestantischen Unionisten – stark von sozialistischen Ansätzen geprägt war und eher ethnische und ökonomische als religiöse Faktoren betonte. Büchele untersucht die Beziehungen der Priester und Bischöfe zum Kirchenvolk, den beteiligten Regierungen, Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppierungen sowie den protestantischen Institutionen. Die katholische Kirche definierte den Konflikt als einen politisch-sozialen, nicht aber religiösen. Büchele stellt heraus, wie diese Sichtweise das öffentliche Verhalten des Klerus fest bestimmte. So existierte zwar ein gewisses Spektrum zwischen unorthodoxen, politisierenden und diplomatischen, differenzierenden Amtsträgern, doch blieben die Unterschiede auf die Persönlichkeit der Repräsentanten begrenzt. Inhaltlich zeigte der Klerus eine weitgehend kongruente, apolitische Haltung, die sich auf die moralische Bewertung des Konflikts beschränkte und pastorale Ansätze gegenüber außerkirchlichen Projekten zur Annäherung priorisierte. Zwar wurde die politische und wirtschaftliche Diskriminierung der Republikaner ebenso verurteilt wie die physische Gewaltanwendung der Irisch-Republikanischen Armee. Allerdings verhinderte die hierarchische Struktur der um die Wahrung ihrer Autonomie bedachten Kirche einen wirksameren Protest. An der Deeskalation des Konflikts ab Anfang der 90er-Jahre hatte sie einen nur marginalen Einfluss – nicht zuletzt bedingt durch den säkularen Wandel und diverse Skandale innerhalb der Kirche.
Christian Haas (CHA)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.61 | 2.23 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Christian Haas, Rezension zu: Markus Büchele: Autorität und Ohnmacht. Stuttgart: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31860-autoritaet-und-ohnmacht_37993, veröffentlicht am 23.02.2010. Buch-Nr.: 37993 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken