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Gerald G. Sander / Ingo Wetter (Hrsg.)

Die Europäische Union und die Türkei. Chancen und Herausforderungen eines Beitritts

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2009 (Schriften zu Mittel- und Osteuropa in der Europäischen Integration (SMOEI) 9); 258 S.; 68,- €; ISBN 978-3-8300-4217-4
Die Autoren untersuchen zentrale Aspekte der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Es wird deutlich, dass neben den im öffentlichen Diskurs prominenten Identitätsfragen auch realpolitische und institutionelle Faktoren eine zentrale Rolle spielen. So stellt Gunter Deuber die Herausforderungen vor, die durch strukturelle ökonomische Schwächen der Türkei erwachsen. Er plädiert für einen „institutionellen Tiefenreformprozess“ (150) der gespaltenen Gesellschaft. Gerald Sander weist darauf hin, dass auch nach dem Vertrag von Lissabon weitere nötige institutionelle Reformen nötig sind, um einer erweiterten Union Handlungsfähigkeit zu verschaffen. Er betont zudem eine oftmals unterschätzte Herausforderung für die zukünftige Integrationsdynamik der EU: Der Beitritt der traditionell national eingestellten Türkei würde den integrationsskeptischen Block der EU erheblich stärken. Ingo Wetter sieht ein enormes Maß der politisch gewünschten, von den Eliten induzierten Reformen, welche Ankara in den vergangenen Jahren vollbracht hat, an traditionellen Denkmustern scheitern. Felix Hammer weist deshalb darauf hin, dass es allein darauf ankomme, ob die Türkei langfristig eine europäisch-freiheitliche Rechtsordnung verwirklichen könne. Die Debatte um die Bedeutung des Christlichen in Europa hält er angesichts der vielfältigen, heterogenen christlichen Kulturen für irrelevant. Konsens unter den Autoren ist, dass die als ergebnisoffen deklarierten Beitrittsgespräche anderer Art sind als bisherige Verhandlungsrunden. Die EU wird damit vor die konkrete Frage nach der zukünftigen Ausgestaltung des Beitrittsprozesses gestellt. In den vergangenen Jahren, so stellen Martin Große Hüttmann, Matthias Chardon und Sarah Seeger heraus, hat sich die anfängliche Euphorie verflüchtigt, einerseits bedingt durch eine wachsende Erweiterungsmüdigkeit in einigen EU-Staaten, andererseits durch das sich wandelnde außenpolitische Konzept der Türkei, das einen EU-Beitritt nicht unter allen Umständen verfolgt und das Land zunehmend als regionale Ordnungsmacht versteht. Ebenfalls wird auf die Problematik des Zypern-Konfliktes und die Sprengkraft der Beziehungen zu Armenien hingewiesen.
Christian Haas (CHA)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 3.1 | 2.63 | 3.6 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Christian Haas, Rezension zu: Gerald G. Sander / Ingo Wetter (Hrsg.): Die Europäische Union und die Türkei. Hamburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31851-die-europaeische-union-und-die-tuerkei_37983, veröffentlicht am 13.04.2010. Buch-Nr.: 37983 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken