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Markus Karbaum

Kambodscha unter Hun Sen. Informelle Institutionen, Politische Kultur und Herrschaftslegitimität

Berlin: Lit 2008 (Politikwissenschaft 161); 375 S.; brosch., 34,90 €; ISBN 978-3-8258-1645-2
Politikwiss. Diss. HU Berlin; Gutachter: V. Houben, J. Dosch. – Seit Anfang der neunziger Jahre sollen demokratische Reformen dazu beitragen, Kambodschas von Schrecken wie Genozid und Bürgerkrieg durchzogene Vergangenheit zu bewältigen. Doch, so die Ausgangsthese des Autors, auch unter dem derzeitigen Premierminister Hun Sen als zentralem Akteur habe sich ein autokratisches Regime etabliert. Dabei gründe sich die Herrschaft auf physische Dominanz und informelle Regeln, wodurch die formalen staatlichen Institutionen untergraben werden. Daher setzt Karbaum sich zwar auch mit den formalen Staatsinstitutionen des Landes auseinander, macht aber deutlich: „Obwohl eine formale demokratische Ordnung mit einer modernen Verfassung existiert, sind diese Strukturen von innen mittels informeller Regelsysteme ausgehöhlt, die ihrerseits fundamentale demokratische Prinzipien konterkarieren.“ (22) Am Beispiel der Korruption wird in der Studie deutlich, wie diese „durch das Setzen entsprechender Anreize in der höchsten Ebene forciert“ (261) wird. Insofern ist in der Untersuchung der Begriff des Klientelismus zentral. Der Autor verbindet diesen über einen Rational-Choice-Ansatz mit dem Institutionenbegriff. Auf diese Weise wird die informelle Institutionalisierung von Klientelismus als wiederkehrendes kulturelles Phänomen und historisch gewachsener Interaktionsprozess zwischen Individuen sichtbar. Kambodschas Verfassungswirklichkeit ist als „autoregressiver Machtkreislauf“ (154) zu beschreiben, so Karbaum. Um das Regime begrifflich zu klassifizieren, greift er schließlich auf den älteren Weber’schen Terminus des Neopatrimonialismus zurück, denn dieser enthalte die Geltungskraft informeller Spielregeln ebenso wie Korruption, Nepotismus und physische Gewalt „und außerdem betont er den post-ideologischen Charakter des Hun-Sen-Regimes“ (356). In seinem Vorwort macht Karbaum deutlich, dass heute auch zunehmend unser abendländisches Herrschaftsverständnis unter Druck gerate und er daher mit dieser Studie einen utilitaristischen Beitrag zur Begründung der liberalen Demokratie leisten möchte.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.68 | 2.25 | 2.23 | 2.22 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Markus Karbaum: Kambodscha unter Hun Sen. Berlin: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31817-kambodscha-unter-hun-sen_37929, veröffentlicht am 16.03.2010. Buch-Nr.: 37929 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken