Skip to main content
Karin Gabbert / Michael Krämer / Wolfgang Gabbert / Ulrich Goedeking / Annette Nana Heidhues / Anne Huffschmid / Thomas Schmid / Christiane Schulte / Ruth Stanley (Hrsg.)

Über Lebensmittel

Münster: Westfälisches Dampfboot 2010 (Jahrbuch Lateinamerika: Analysen und Berichte 33); 198 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-89691-776-8
Welche ökonomischen, kulturellen und sozialen Prozesse hinter dem sich weltweit ausbreitenden Hunger stehen, ist die zentrale Frage dieses Bandes. Dabei liegt der Schwerpunkt zwar auf Lateinamerika, jedoch werden auch über die Region hinausgehende internationale Einflüsse einbezogen. Karin Gabbert und Michael Krämer stellen im Editorial heraus, dass viele lateinamerikanische Länder „durch die erzwungene Marktöffnung“ (8) von Nettoexporteuren zu Nettoimporteuren von Nahrungsmitteln wurden, Hauptprofiteur sei das nationale und internationale Agrobusiness. Nach Angaben der Weltbank sind die weltweiten Nahrungsmittelpreise von 2005 bis 2008 um durchschnittlich 83 Prozent gestiegen. Armin Paasch analysiert in seinem sehr interessanten Beitrag, wie die Konzepte Ernährungssicherheit, Menschenrecht auf Nahrung und Ernährungssouveränität die Ursachen des Hungers erklären und wie handelspolitisch darauf reagiert wird. Während der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Welthandelsorganisation weiterhin Freihandel propagierten, lasse eine Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation aus dem Jahr 2009 Nachdenklichkeit erkennen, so Paasch. Das Paradigma der Ernährungssicherheit mit seiner „Überbetonung der Verfügbarkeit gegenüber dem Zugang zu Nahrung“ und seinem „unerschütterlichen Glauben an Produktivitätssteigerung“ (31) ist nach Ansicht des Autors gescheitert. Der Ansatz der Ernährungssouveränität stelle dazu einen völligen Gegenentwurf dar, der jedoch die städtischen Armen nicht ausreichend berücksichtige. Ähnlich ambivalent ist es um das Menschenrecht auf Nahrung bestellt, zwar gebe es einen rechtlichen Hebel ab, jedoch stehe dem ein Mangel an Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber. Ingo Malcher schildert am Beispiel Argentiniens neue Agrarstrukturen. Dort ist die Landwirtschaft der ökonomisch dynamischste Sektor, jedoch werden die Bauern zunehmend von Investmentfonds und Biotechfirmen abhängig. So konstatiert der Autor mit Blick auf Patente und Techniktransfer: „Die Modernisierung im Agrarsektor kann sich für die Mercusor-Länder als Entwicklungsrückschritt erweisen“ (69).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.65 | 2.26 | 2.21 | 2.27 | 2.25 | 4.43 | 4.45 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Karin Gabbert / Michael Krämer / Wolfgang Gabbert / Ulrich Goedeking / Annette Nana Heidhues / Anne Huffschmid / Thomas Schmid / Christiane Schulte / Ruth Stanley (Hrsg.): Über Lebensmittel Münster: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31573-ueber-lebensmittel_37600, veröffentlicht am 23.02.2010. Buch-Nr.: 37600 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken