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Ursula Bitzegeio

Über Partei- und Landesgrenzen hinaus. Hans Gottfurcht (1896-1982) und die gewerkschaftliche Organisation der Angestellten

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2009 (Politik- und Gesellschaftsgeschichte 83); 424 S.; 48,- €; ISBN 978-3-8012-4192-6
Diss. Bonn; Gutachter: M. Schneider, R. Fattmann. – Mithilfe der biografischen Methode zeichnet Bitzegeio die „Entwicklungslinien eines Gewerkschaftsfunktionärs“ (373) nach. Dargestellt werden Aspekte des beruflichen Werdegangs und der politischen Arbeit eines eher „‚vergessenen Helden’“ (7) der deutschen Gewerkschaftsbewegung: Hans Gottfurcht. 1919 wurde er Gewerkschaftssekretär, zunächst beim Verband der Angestellten in der Berliner Bekleidungsindustrie, dann beim Zentralverband der Angestellten, der sich 1921 mit anderen freigewerkschaftlichen Angestelltenverbänden zum Allgemeinen freien Angestelltenbund zusammenschloss – ein Gewerkschaftskartell, bestehend aus 14 Fachverbänden. Bitzegeio beschreibt ausführlich die Situation der Gewerkschaften während der Weimarer Republik. Gottfurcht gründete eine Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, verließ 1939 das Dritte Reich und flüchtete nach London. Dort betätigte er sich in der Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Großbritannien. Gemeinsam mit Erich Ollenhauer engagierte er sich in der Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien. Als Mitglied des Trades Union Congress wie auch der Labour Party verfügte er über gute Verbindungen zu englischen Gewerkschaftern und Politikern, was ihm Kontakte zu vielen Gewerkschaftern in anderen Ländern verschaffte. Für die Alliierten habe Gottfurcht zu den führenden Repräsentanten des anderen Deutschlands gezählt, schreibt die Autorin, doch er habe hierzulande für sich keine weitere Basis für die Gewerkschaftsarbeit gesehen. So brachte er 1949 seine Kenntnisse beim Internationalen Bund Freier Gewerkschaften ein und wurde dort stellvertretender Generalsekretär. In Gottfurchts Leben spiegeln sich – so die Autorin – die zentralen Probleme und Konflikte der Gewerkschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts: das erbitterte Tauziehen zwischen rechts und links in der Weimarer Republik, der Streit um die richtige Strategie gegen den Nationalsozialismus, die politische Emigration und der gewerkschaftliche Neubeginn nach 1945.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 | 2.31 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Ursula Bitzegeio: Über Partei- und Landesgrenzen hinaus. Bonn: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31417-ueber-partei--und-landesgrenzen-hinaus_37398, veröffentlicht am 10.02.2010. Buch-Nr.: 37398 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken