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Josef Kraus

Ist die Bildung noch zu retten? Eine Streitschrift

München: Herbig 2009; 223 S.; 16,95 €; ISBN 978-3-7766-2610-0
Der Autor, der sich selbst als Konservativer bezeichnet, legt in der Tat eine polemische Streitschrift vor. Er kritisiert aufs Schärfste die „bildungspolitische „Erregungsproduktion“ oder den „Reizwortjournalismus“ (9). Dieses Phänomen führe zu Aktionismus, sodass eine Reform die nächste jage und Schulen unter das Diktat von Statistiken, Quotenvorgaben und ökonomischen Verwertungsvorgaben gestellt würden. So erweise sich auch der Bologna-Prozess an den Hochschulen als einziges Scheitern: Die Studienzeit habe sich nicht verkürzt, die Abbrecherquote sei nicht gesenkt worden und die Mobilität der Studenten habe man sogar eingeschränkt. Als zentrales Problem sieht Kraus die „Egalitätsfalle“ (10). Das Bestreben, das allgemeine Bildungsniveau zu heben, würde es eher senken. So zitiert er den Bildungsforscher Josef Hitpaß: „Massenbildung fordert als Tribut Niveauverlust.“ (39) Es sei nun einmal so, dass manche Menschen intelligenter seien als andere, führt Kraus weiter aus und erläutert, dass insofern Akademikerkinder auch nicht mit höherer Chance studieren, sondern schlicht häufiger – immerhin sei Intelligenz erblich. Dabei hantiert der Autor völlig unbedarft mit den Begriffen Bildung und Intelligenz, fragt nicht, welche sozialen Faktoren das eine oder das andere beeinflussen oder in welcher Gewichtung diese Begriffe in der deutschen Bildungslandschaft eine Rolle spielen. Kraus konstatiert reichlich simpel, dass „Bildung und Wissen heute frei verfügbare Güter“ (44) seien und ärmere Eltern die Schul- und Bildungslaufbahn ihres Kindes fördern müssen. Ansonsten müsste man wie die Holländer „an die Sozialleistungen ran, wenn die Eltern nicht mitmachen“ (46). Der Autor spricht sich für eine „Leistungs- und Verantwortungselite“ (128) gegen bloße Funktionseliten aus, denen es am „kulturellen, ethischen oder intellektuellen Anspruch“ (132) fehle. Ein Ethos des Dienstes am Gemeinwohl sowie Selbstdisziplin und Askese sollten die Kennzeichen einer neuen Elite sein. Insofern fordert der Autor wieder eine allgemeine Bereitschaft ein, „überhaupt […] erziehen zu wollen“ (190).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.343 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Josef Kraus: Ist die Bildung noch zu retten? München: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31272-ist-die-bildung-noch-zu-retten_37197, veröffentlicht am 11.11.2009. Buch-Nr.: 37197 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken