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Hedwig Richter

Die DDR

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2009 (Uni-Taschenbücher Profile 3252 [ISBN: 978-3-8252-3252-8]); 116 S.; kart., 9,90 €; ISBN 978-3-506-76855-1
Richter stellt in dieser knappen Überblicksdarstellung zugespitzt die Widersprüchlichkeit als das charakteristischste Merkmal der DDR in den Mittelpunkt – die SED-Führung habe sich mit ihrem absoluten Anspruch und dem Ehrgeiz, „das Volk rundum zu beglücken“ (8), permanent selbst überfordert und gleichzeitig delegitimiert. Von Anfang an habe ein Widerspruch zwischen dem demokratischen Anspruch und der demokratischen Praxis bestanden, heißt es im ersten Kapitel über die SED-Herrschaft, was ein stetiger „Quell von Unzufriedenheit“ (16) gewesen sei. Anders als das NS-Regime habe die sozialistische Diktatur die Deutschen nicht begeistern können, so Richter – sie verweist allerdings auch darauf, dass sich viele Intellektuelle von der DDR vereinnahmen ließen. Im zweiten Kapitel setzt sie sich mit der theoretischen Gleichheit und der praktischen „Ungleichheit der Lebenschancen“ (26) auseinander. Dies sei in der Struktur der Gesellschaft begründet gewesen: „Unter der überwiegend aus alten Männern bestehenden dünnen Herrschaftsschicht existierte eine Dienstklasse von rund einer Viertel Million Menschen“ (27), die am Status quo interessiert gewesen sei. Richter stellt damit die Mehrheit der Bevölkerung keineswegs als hilflos dar, sondern verweist auf die informellen Möglichkeiten, Interessen durchzusetzen. Diese Mehrheit habe allerdings auch die vorgeschriebene Norm der Gleichheit internalisiert: „Anderssein war anstößig“ (29). Im dritten Kapitel über die „nicht lenkbare Planwirtschaft“ (36) geht es um Demontagen, Subventionen, „Täuschung und Selbstbetrug“ (47). Dann werden die deutsch-deutschen und internationalen Verbindungen thematisiert, einschließlich der schlechten Beziehungen zu den östlichen Nachbarn. Weitere Kapitel sind der Kultur und den Kirchen gewidmet – Letztere waren bis zum September 1989 nach Ansicht der Autorin kein nennenswertes Gegengewicht zum SED-Regime. Abschließend wird mit Blick auf die friedliche Revolution vor allem die Rolle der Menschen gewürdigt, die 1989 der DDR den Rücken kehrten und so die SED-Diktatur viel stärker delegitimierten „als die Bemühungen der Oppositionellen es vermochten“ (91).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hedwig Richter: Die DDR Paderborn u. a.: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31269-die-ddr_37194, veröffentlicht am 28.01.2010. Buch-Nr.: 37194 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken