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Ewa Bacia

Das Demokratieverständnis in postsozialistischen Regionen Europas. Ein Vergleich des Sozialkapitals in Brandenburg und Podlasie

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2009 (Demokratie und Demokratisierungsprozesse 6); 280 S.; 78,- €; ISBN 978-3-8300-4402-4
Diss. FU Berlin; Gutachter: H. Wagner, R. Traba. – Ziel der Arbeit ist es „zu ermitteln, inwieweit mit Hilfe des Sozialkapitalkonzeptes und/oder der Postdemokratietheorie die sozialpolitische Realität von postsozialistischen, peripheren Regionen Europas [...] interpretiert und besser als ohne sie verstanden werden kann“ (11). Als theoretische Grundlage fungieren die Ansätze von James S. Coleman, Francis Fukuyama, Robert Putnam und Pierre Bourdieu (Sozialkapital) sowie die Krisentheorie Colin Crouchs (Postdemokratie). Der empirische Teil basiert primär auf der qualitativen Auswertung von Interviews, die mit Bürgern in den untersuchten Regionen durchgeführt wurden. Im Ergebnis werden ähnliche Probleme (Abwanderung, wirtschaftliche Situation) beschrieben, die jedoch in unterschiedlichen Bewältigungsstrategien politischen Handelns münden. So sei in Brandenburg ein vergleichsweise größeres politisches Engagement zu verzeichnen, was mit einer positiveren Einstellung zur Region und einem ausgeprägteren Vertrauen in lokale Entscheidungsträger korreliere. In Podlasie seien „soziale Bindungen wenig ausgeprägt [...] und die meisten Bürger [dächten] gar nicht in Kategorien des Gemeinwohls und der Zusammenarbeit für die Gemeinschaft“ (254), wobei insbesondere auf dem Land ein ausgeprägter Privatismus zu beobachten sei. Trotz dieser Unterschiede konstatiert die Autorin auch in Brandenburg postdemokratische Tendenzen, insbesondere was die Integration sozial Schwacher anbelangt, obwohl „das Gemeinwohl hier kein leerer Begriff“ (259) sei. Die gerade aufgrund der qualitativen Herangehensweise interessante Studie zur politischen Kultur wurde im Jahr 2009 mit dem wissenschaftlichen Förderpreis des Botschafters der Republik Polen ausgezeichnet. Für die weitere Forschung ist insbesondere die abschließende These interessant, dass ein vergleichsweise hohes Sozialkapital allgemeinere postdemokratische Tendenzen nicht ausschließt, sondern lediglich „das Funktionieren der Demokratie auf lokaler Ebene positiv [beeinflusst]“ (260). Laut Bacia schwächt ein „starkes Sozialkapital [...] die Politikverdrossenheit, schließt sie aber nicht aus“ (261).
Markus Linden (LIN)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, SFB 600 - Teilprojekt C7 "Die politische Repräsentation von Fremden und Armen", Universität Trier.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.331 | 2.325 | 2.21 | 2.23 | 2.35 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Ewa Bacia: Das Demokratieverständnis in postsozialistischen Regionen Europas. Hamburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31050-das-demokratieverstaendnis-in-postsozialistischen-regionen-europas_36919, veröffentlicht am 19.11.2010. Buch-Nr.: 36919 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken