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Kaushik Sunder Rajan

Biokapitalismus. Werte im postgenomischen Zeitalter. Aus dem Englischen von Ilse Utz

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2009; 303 S.; geb., 24,80 €; ISBN 978-3-518-42049-2
Ph.D. MIT Cambridge/USA. – „Unsere Welt verändert sich rasend schnell, und wir sind permanent gezwungen, neu zu überlegen, was wir unter Worten verstehen wollen, die bislang fester Bestandteil unseres Vokabulars waren – Begriffe wie ‚Leben’, ‚Kapital’, ‚Tatsachen’, ‚Tausch’ und ‚Wert’“ (13). Wie tief greifend der Bedeutungswandel ist, wird in dieser Studie auf beeindruckende Weise deutlich. Sunder Rajan, der an der University of California in Irvine Anthropologie lehrt, entwickelt auf der Basis von ethnografischen und empirischen Daten „einen gesellschaftstheoretischen Beitrag zur Wissenschaftsforschung und zur politischen Ökonomie“ (43). Als analytische Grundlage dient ihm das Konzept des historischen Materialismus von Marx, das Vorgehen ist an Foucault orientiert. Konkret geht es „um den Vergleich der Biotech- und Pharmaindustrien in den auf vielfältige Weise miteinander verknüpften Kontexten der Vereinigten Staaten und Indiens“ (31). Ausgehend von einer Beschäftigung mit der Arbeit der Genomforscher stellt er fest, dass „die Lebenswissenschaften eine neue Facette und eine neue Phase des Kapitalismus darstellen und dass die Biotechnologie untrennbar mit diesem Wirtschaftssystem verbunden ist“ (14). Die Erforschung der menschlichen Erbanlagen sei ursprünglich nicht an wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet gewesen. Schnell aber seien die Profitmöglichkeiten erkannt und – nachdem in den USA der Wissenstransfer von den Universitäten in die Privatwirtschaft zugelassen worden sei – neue Unternehmen gegründet worden. Sunder Rajan schildert an repräsentativen Beispielen, wie sehr der bisherige Erfolg dieser Unternehmen von dem Charisma ihrer Gründer und dem Versprechen auf künftige Forschungs- und Vermarktungserfolge abhängt. Die in den USA geprägten Spielregeln seien inzwischen von Indien, das zuvor einen eigenen wirtschaftlichen Weg gegangen sei, akzeptiert worden – als einzige Möglichkeit, an der globalen Ökonomie zu partizipieren. Aber während die US-Bürger von dieser Industrie als Patienten und Kunden gesehen würden, dienten die Inder als Versuchspersonen für neue Medikamente.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.42 | 2.64 | 2.68 | 2.23 | 2.262 | 2.263 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Kaushik Sunder Rajan: Biokapitalismus. Frankfurt a. M.: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31001-biokapitalismus_36840, veröffentlicht am 15.09.2009. Buch-Nr.: 36840 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken