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Wolfgang Zankl (Hrsg.)

Auf dem Weg zum Überwachungsstaat? Neue Überwachungsmaßnahmen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie

Wien: facultas.wuv 2009; 235 S.; 36,- €; ISBN 978-3-7089-0386-6
In den vergangenen Jahren erfolgten bedeutende rechtliche Entwicklungen in dem Bereich staatlicher Überwachungsmaßnahmen zur Informations- und Kommunikationstechnologie. Vor dem Hintergrund grundrechtlicher Aspekte untersuchen die Autoren diese Entwicklungen systematisch anhand dreier Themenkomplexe: der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung und der in Österreich geführten Diskussion um die Online-Durchsuchung. Zum SPG, wonach Telekommunikationsdienste gegenüber Behörden ohne Ersatz der ihnen entstehenden Kosten zur Erteilung bestimmter Auskünfte über Verkehrs- und Stammdaten verpflichtet sind, merkt Maximilian Raschhofer kritisch an, dass „eine Information der Betroffenen nicht vorgesehen ist“ (124). Die Sicherheitsbehörden können zudem von den Telekommunikationsdiensten verlangen, sogenannte gefährdete Personen über die Daten ihres Endgerätes zu lokalisieren. Damit, so Raschhofer, sei zwar nicht ins Fernmeldegeheimnis eingegriffen worden, jedoch ins Datenschutzgesetz und in die Europäische Menschenrechtskonvention. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots hält er dies jedoch für keine Grundrechtsverletzung. Im Falle der Europäischen Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten ist die Kritik von Manuel Boka und Lukas Feiler sehr deutlich. Die Technik ermögliche die Rekonstruktion sozialer Netzwerke, sie greife in das europäische Grundrecht auf Achtung der Privatsphäre ein, ließe gar Schlüsse auf Krankheiten oder sexuelle Orientierung zu. Besonders kritisch sehen sie, dass eine Auskunftspflicht gegenüber den Betroffenen nicht vorgesehen ist. „Es scheint äußerst fraglich, ob der von der VDS-RL genannte Zweck der Ermittlung […] schwerer Straftaten in der Lage ist, diesen schweren Eingriff in die Grundrechte […] zu rechtfertigen“ (169). Raschhofer und Feiler weisen in ihrem Resümee auf die mögliche Versuchung hin, dass die angesammelten Daten auch auf andere Weise genutzt werden könnten, z. B.Í in Verwaltungsstrafverfahren bei Verkehrsdelikten.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.4 | 2.263 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Wolfgang Zankl (Hrsg.): Auf dem Weg zum Überwachungsstaat? Wien: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30758-auf-dem-weg-zum-ueberwachungsstaat_36540, veröffentlicht am 16.06.2009. Buch-Nr.: 36540 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken