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Matthias Prochaska

House of Lords Reform. Eine Analyse der Reformbestrebungen um das britische Oberhaus unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungen seit 1997

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2008 (Verfassungsrecht in Forschung und Praxis 61); 310 S.; 88,- €; ISBN 978-3-8300-4015-6
Rechtswiss. Diss. Trier; Gutachter: G. Robbers, B. von Hoffmann. – Prochaska verfolgt die Reformbestrebungen um das britische Oberhaus, die nach wie vor andauern. Schwerpunkt in diesem Reformprozess sind auch weiterhin die Fragen der Zusammensetzung und eine Klärung der Befugnisse der Kammer. In seiner weitgehend deskriptiven Darstellung beginnt der Autor mit einer Beschreibung der Sonderstellung des House of Lords innerhalb der Ausgestaltungen europäischer Demokratien. Bekanntlich sei das kontinentaleuropäische Verfassungsverständnis eher „durch Prinzipien und Dogmen“ (11) bestimmt, wohingegen das britische Verfassungsrecht vor allem auf historischer Prägung basiere, so der Autor. Die intensivierten Reformbestrebungen, die mit dem Regierungsantritt Tony Blairs 1997 einsetzten, seien jedoch auch zehn Jahre nach Reformbeginn nicht abgeschlossen und offen. Dabei, so Prochaska, seien die ursprünglichen Problemfelder recht klar gewesen: mangelnde Legitimität der Erbadeligen, demokratische Defizite im Auswahlverfahren der Mitglieder auf Lebenszeit, Überschneidung der Gewalten im Amt des Lordkanzlers, judikative Funktion des Oberhauses, Präsenz der Staatskirche sowie letztlich die Größe von 1.200 Stimmberechtigten. Bei der Reform dieser Bereiche kam es jedoch zu zahlreichen Schwierigkeiten. So verblieben mangels politischen Konsenses zwischen den Parteien u. a. 92 Erbadelige weiterhin im Oberhaus und die Sitze der Staatskirche blieben unangetastet. Als schwerwiegender erwies sich jedoch ein Grundsatzproblem: Das Oberhaus sollte zwar demokratisiert, seine Stellung im Parlamentsgefüge jedoch nicht maßgeblich verändert werden. Genau dies ist jedoch geschehen, denn bereits „jetzt wird unter Verweis auf die erhöhte Zahl der Regierungsniederlagen im Oberhaus auf ein gestiegenes Selbstvertrauen durch höhere Legitimation hingewiesen“ (286). So nähere sich die britische Verfassung zwar den kontinentaleuropäischen an, es entstehe jedoch ein Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen der Legitimation des Oberhauses und dessen geringen Befugnissen.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.61 | 2.21 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Matthias Prochaska: House of Lords Reform. Hamburg: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30194-house-of-lords-reform_35806, veröffentlicht am 16.06.2009. Buch-Nr.: 35806 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken