Markt. Macht. Medien. Reflexionen zur Praxis der vierten Gewalt
Die Autoren untersuchen die Frage, wie die neuen und traditionellen Erscheinungsformen der Medien ihrer Aufgabe der Herstellung von Öffentlichkeit in der Demokratie unter den sich verändernden Rahmenbedingungen von Markt, Macht und neuen Technologien gerecht werden. Heiko Gothe und Richard Hilmer diskutieren unter anderem die Frage, inwieweit Wahlentscheidungen durch die Umfrageforschung selbst beeinflusst werden. Denn immerhin, so führen sie aus, hat sich die Berichterstattung über Umfragen und deren Ergebnisse in den letzten Jahren verzehnfacht; im Vorfeld der Bundestagswahl 2005 gab es etwa 180 Umfragen, was bedeutet, dass wöchentlich im Durchschnitt vier Ergebnisse publiziert wurden. Die stark gestiegene Häufigkeit sowie die Forschung der amerikanischen Politikwissenschaft zu verschiedenen Effekten wie einem Mobilisierungseffekt, einem Defätismuseffekt oder auch einem Lethargieeffekt, könnten in die Richtung einer Beeinflussung deuten, was Gothe und Hilmer letztlich jedoch verwerfen, denn es fänden sich „keine schlüssigen empirischen Belege“ (106). Inwieweit die Empirie für solch zum Teil psychologische Prozesse ausreicht, diskutieren die Autoren leider nicht, obgleich sie festhalten, dass ein höheres Ergebnis bei Wahlen zu beobachten ist, wenn ein knapper Wahlausgang vermutet wird. Knaut diskutiert die Beschleunigung der politischen Kommunikation. Für das Mediensystem der Postmoderne, deren Beginn sie für ihre Beobachtungen in den 90er-Jahren ansetzt, konstatiert sie vor allem mediale Fragmentierung in Satellit, Kabel, Internet etc. sowie eine enorme Beschleunigung und resümiert: „Zeit für Reflexion bleibt kaum, weder für Politiker noch für Journalisten“ (13). In Auseinandersetzung mit Medientheoretikern wie Paul Virilio und Villem Flusser spricht Knaut auch die Gefahr einer „Tyrannei der Echtzeit“ (24) an. Der Band geht auf eine Ringvorlesung im Sommersemester 2007 an der Freien Universität Berlin zurück.