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Torsten Junge (Hrsg.)

Gouvernementalität der Wissensgesellschaft. Politik und Subjektivität unter dem Regime des Wissens

Bielefeld: transcript Verlag 2008 (Sozialtheorie); 402 S.; kart., 36,80 €; ISBN 978-3-89942-957-2
Diss. Hamburg. – Die Ausrufung der Wissensgesellschaft enthält gleichermaßen deskriptive wie normative Elemente. Einerseits gelten Erzeugung und Verwendung von Wissen als zentrale Ressourcen, von denen die Wettbewerbsfähigkeit gerade auch rohstoffarmer Länder abhängt; andererseits verlangt eine auf Wissen beruhende Gesellschaft von ihren Mitgliedern stete Bereitschaft, die je eigenen wissensrelevanten Kompetenzen zu pflegen und auszubauen. Der damit umschriebene Expansionsdruck – das erforderliche Wissen muss permanent erneuert werden – stellt hohe Anforderungen an das Kontingenzmanagement von Wissensgesellschaften. Weil Produktion und Verwendung von Wissen nicht mehr nach dem technokratischen Modell der Expertenherrschaft gedacht werden kann, bedarf es der legitimatorischen Einbindung des zivilgesellschaftlichen Publikums. Angesichts dieser Ausgangslage impliziert die Rede von Wissensgesellschaft eine Transformation der modernen Staatlichkeit, die mit institutionalistisch fixierten Ansätzen der Politikwissenschaft nicht mehr angemessen erfasst werden kann. Ausgehend von Foucault entwickelt Junge am Beispiel der im Kontext biomedizinischer Forschung etablierten Bürgerkonferenzen eine ebenso provozierende wie anregende Deutung von Partizipation als Bestandteil neoliberaler Regierungstechnologien. In diesem Zusammenhang verfolgt er primär zwei Argumentationslinien. Zum einen geht es ihm – im Rahmen des sorgfältig entfalteten Gouvernementalitätskonzepts – um eine Neuformulierung des Politischen, die politische Programmatik und spezifische Subjektivitäten analytisch miteinander verbindet. Wenn der Umbau zum sogenannten aktivierenden Staat an komplementäre Formen individueller Selbsttechnologien gebunden ist, dann bedarf es zum anderen einer genauen Analyse des Stellenwerts, den partizipative Verfahren für die Zwecke einer Einübung neuer Formen der Selbstführung einnehmen. Beide Argumentationslinien werden abschließend in einem Profil der neoliberalen Gouvernementalität zusammengeführt, die die Fruchtbarkeit des Foucault’schen Konzepts einer Regierungslehre unterstreicht.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 5.41 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Torsten Junge (Hrsg.): Gouvernementalität der Wissensgesellschaft. Bielefeld: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29896-gouvernementalitaet-der-wissensgesellschaft_35419, veröffentlicht am 02.09.2009. Buch-Nr.: 35419 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken