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Gunther Hellmann / Christian Weber / Frank Sauer (Hrsg.)

Die Semantik der neuen deutschen Außenpolitik. Eine Analyse des außenpolitischen Vokabulars seit Mitte der 1980er Jahre

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2008; 215 S.; brosch., 24,90 €; ISBN 978-3-531-16064-1
Dass sich die deutsche Außenpolitik seit der Wiedervereinigung verändert hat, wird heute kaum noch ernsthaft bestritten. Strittig bleibt aber die Frage, wie sie sich in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten entwickelt hat bzw. woran neue Elemente ggf. identifiziert werden können. Die Autoren greifen zur Beantwortung ihrer Frage auf den Forschungsansatz der „Vokabularanalyse“ zurück: Ausgehend von der Annahme, dass jede Äußerung in umfassendere Diskurse eingebettet ist und dass im Gebrauch eines bestimmten Vokabulars nicht nur individuelle Entscheidungen einzelner Politiker zu sehen sind, sondern gesamtgesellschaftliche Überzeugungen zum Ausdruck kommen, wird der Gebrauch von Schlüsselbegriffen im außenpolitischen Diskurs Deutschlands rekonstruiert. Durch eine Analyse der Verwendung von 14 ausgewählten Schlüsselbegriffen des außenpolitischen Diskurses in Deutschland zwischen 1986 und 2002, z. B. „Macht“, „Interesse“, „Multilateralismus“ oder „Verantwortung“, machen die Autoren die bemerkenswerten Verschiebungen im semantischen Netz deutscher Außenpolitik sichtbar. Dazu untersuchen sie Plenardebatten des Bundestages mit außenpolitischem Bezug, Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien, Reden des deutschen Außenministers vor der VN-Generalversammlung sowie Kommentare von zwei überregionalen Tageszeitungen. Man muss sich die hier eingenommene Perspektive nicht unbedingt zu eigen machen und die eigentlich zu erwartende Auseinandersetzung mit der gegensätzlichen theoretischen Auffassung, derzufolge Sprache nicht zu den „harten“ Analysekategorien der Politikwissenschaft zu zählen sei, da Politiker mit ihren Äußerungen nicht immer ihren tatsächlichen Auffassungen und Plänen Ausdruck verleihen, fällt mehr als bescheiden aus. Dennoch ist einzuräumen, dass die drei Autoren eine ungewohnte Perspektive und zum Teil erhellende Aussichten auf den Wandel der deutschen Außenpolitik von der Bonner zur Berliner Republik eröffnen.
Markus Kaim (MK)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
Rubrizierung: 4.21 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Markus Kaim, Rezension zu: Gunther Hellmann / Christian Weber / Frank Sauer (Hrsg.): Die Semantik der neuen deutschen Außenpolitik. Wiesbaden: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29832-die-semantik-der-neuen-deutschen-aussenpolitik_35341, veröffentlicht am 20.01.2009. Buch-Nr.: 35341 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken