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Manuel Leppert

Akzeptierte Diktatur? Lukašenkos Herrschaft über Weißrussland

Marburg: Tectum Verlag 2008; 163 S.; pb., 24,90 €; ISBN 978-3-8288-9571-3
Der Autor beschreibt eine gescheiterte Transformation – Weißrussland (Belarus) hat sich im Laufe der 90er-Jahre statt in einen demokratischen Rechtsstaat in ein Land mit einem autoritären Herrschaftssystem gewandelt. Leppert sieht die Gründe dafür vor allem in dem kaum vorhandenen Nationalbewusstsein der Bürger sowie in deren Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Vor diesem Hintergrund sei es der alten Sowjetnomenklatura gelungen, „ihre Macht im politischen Entscheidungsprozess und in der Öffentlichkeit zu behaupten“ (127). Mit der Einführung des Präsidentenamtes und der neuen Verfassung 1994 sei eine Gewaltenteilung verhindert worden. Dem neuen Präsidenten Lukašenko habe sich die Möglichkeit eröffnet, die Macht im Staat auf sich zu konzentrieren. Und so sei er 2006 erneut im Amt bestätigt worden, mit über 82 Prozent der Stimmen – in einer Wahl allerdings, die von unabhängigen Beobachtern als unfrei und undemokratisch eingestuft worden sei. Die Demonstrationen nach der Wahl seien von der Staatsmacht aufgelöst worden. Die Tatsache aber, dass die Opposition keine eindrucksvolleren Proteste organisieren konnte, „dürfte mit dem fehlenden Engagement des belarussischen Volkes zusammenhängen“ (8). Offensichtlich werde die Herrschaft Lukašenkos von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert. Diese Akzeptanz habe er mit Hilfe einer staatlich reglementierten Sozialpolitik erzeugt, „die ein Minimum an sozialer Sicherheit garantiert und an die paternalistische Versorgungsfunktion des Staates nach sowjetischem Vorbild erinnert“ (128). Diese Entwicklung treffe auf eine zerstrittene Opposition, die sich wiederholt nicht an demokratische Spielregeln gehalten habe. Wie weit Weißrussland bei der Resowjetisierung und Etablierung eines autoritären Herrschaftssystems fortgeschritten sei, zeige sich außerdem am Aufbau einer „simulierte[n] Zivilgesellschaft“ (102), in der nur staatlich gelenkte Organisationen tätig werden dürften. Insgesamt bietet das Buch einen informativen Überblick über die politische Situation in Belarus.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.62 | 2.2 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Manuel Leppert: Akzeptierte Diktatur? Marburg: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29688-akzeptierte-diktatur_35151, veröffentlicht am 28.10.2008. Buch-Nr.: 35151 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken