Hofbauer legt eine Darstellung der gegenwärtigen Situation des Kosovos vor, die er mit einer historischen Rückschau bis ins Mittelalter einleitet. Anhand des Staats, der 2008 seine Unabhängigkeit erklärte, legt der Autor dar, wie gespalten auch die internationale Gemeinschaft in dieser Frage ist. Befürworter einer Unabhängigkeit argumentieren mit serbischen Menschenrechtsverletzungen an den Kosovaren, Gegner berufen sich auf das Völkerrecht, die KSZE-Akte von Helsinki von 1999, die eine territoriale Integrität Jugoslawiens garantiert hatte. Jedenfalls, so der Autor, sei damit der Präzedenzfall einer einseitig deklarierten Grenzverschiebung eingetreten, der in dieser Hinsicht die europäische Nachkriegsgeschichte beende. Vor allem geht es Hofbauer darum, eine derzeitige Entwicklung im Kosovo zu verurteilen: „Der Übergang vom UN-Protektorat zur EU-Kolonie passiert schleichend“. Damit greift der Verfasser nicht nur zu starken Worten, er suggeriert anschließend sogar, dass im Kosovo ein Modellfall „jenseits bürgerlicher Gewaltenteilung und demokratischer Selbstbestimmung“ (9) für andere Regionen, die Verlagsinformation spricht gar von „Kerneuropa“, geprobt werde. Der tatsächlich schwierigen und kritisierbaren Situation zwischen UN- und EU-Verwaltung im Kosovo spricht der Autor zu, „die ethnische Teilung des Landes zu vertiefen“ und wirft den Vertretern der internationalen Gemeinschaft vor: „Eine aus mehreren Tausend Personen bestehende und gut entlohnte Community aus fernen Ländern bildet in einem solchen Umfeld […] eigene Interessen aus, die jedenfalls an der Aufrechterhaltung des kolonialen Status festhalten“ (247). Die sicher kontroverse Position des Autors verschärft sich noch zusätzlich, wenn er feststellt, dass für den Kosovo „von Anbeginn keine Souveränität vorgesehen“ (204) war und damit ein organisiertes Interesse unterstellt.