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Christian Starck (Hrsg.)

Kann es heute noch "gerechte Kriege" geben?

Göttingen: Wallstein Verlag 2008 (Preisschriften des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover 5); 162 S.; brosch., 19,- €; ISBN 978-3-8353-0261-7
Die Frage nach einem gerechten Krieg kann zum einen inhaltlich auf die Kriterien ausgerichtet sein, die einen militärischen Gewalteinsatz legitimieren. Zum anderen kann sie semantisch gefasst werden, indem die Verbindung der Begriffe Krieg und Gerechtigkeit auf ihre Stimmigkeit hin überprüft wird. Die in dem Band veröffentlichten Preisschriften von 2007 konzentrieren sich auf jeweils eine Fragerichtung, auch wenn Christian Starck in der Einleitung nur auf die semantisch orientierten Gedanken im Beitrag von Oliver Hidalgo, dem 2. Preisträger, eingeht. Dieser vertritt die These, dass Krieg führen „in jedem Fall moralische Schuld“ (103) bedeute. Zwar anerkennt er, dass die Suche nach Kriterien für einen gerechten Krieg gegen den politischen Realismus auf einem normativen Politikverständnis beharre, dennoch führe jeder Krieg in ein Dilemma, dass nicht durch den Begriff Gerechtigkeit moralisch verbrämt werden dürfe. Der Gewinner Daniel Messelken verfolgt die inhaltliche Fragestellung. Er bietet einen Brückenschlag zwischen der traditionellen Lehre und den neuen Kriegen, wobei die Säkularisierung der ursprünglich rein religiösen Fundierung die wichtigste Herausforderung darstelle. Demzufolge liege die auctoritas principis gegenwärtig im System der Vereinten Nationen, der princeps sei näherhin der Weltsicherheitsrat – und nicht mehr die von Gott eingesetzte Obrigkeit. Als causa iusta könnten Notwehr und Nothilfe gelten. Der Drittplatzierte Christoph Henke greift den Grundgedanken der realistischen Spieltheorie auf; er versteht Staaten als rational agierende Egoisten. Für ihn fungiert die Lehre vom gerechten Krieg als „Hilfsnormensatz“ (126). Weil das Völkerrecht noch die Zeit des Kalten Krieges abbildet, ist die derzeit einzige Weltmacht auf andere Kriterien angewiesen, um die eigenen Interessen politisch verlässlich zu artikulieren – und in diese Lücke stößt die Lehre vom gerechten Krieg, die helfen soll, das Völkerrecht an die veränderte Realität anzupassen.
Volker Stümke (VS)
Dr., evangelischer Theologe, Priv.-Doz. für evangelische Sozialethik, Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg.
Rubrizierung: 4.1 | 5.44 Empfohlene Zitierweise: Volker Stümke, Rezension zu: Christian Starck (Hrsg.): Kann es heute noch "gerechte Kriege" geben? Göttingen: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29444-kann-es-heute-noch-gerechte-kriege-geben_34842, veröffentlicht am 02.09.2008. Buch-Nr.: 34842 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken