Seit Jahren lässt sich eine Politisierung von Religionen – der Religionszugehörigkeit ebenso wie der Religionsausübung – beobachten. Das ist auch, aber nicht allein Folge von Gewaltakten, die im Namen religiöser Überzeugungen ausgeübt werden; generell sind die globalen Migrationsbewegungen mit einer zunehmenden religiösen Pluralisierung westlicher Gesellschaften verbunden. Die nicht nur hierzulande gestiegene politische Sensibilität wird wesentlich von einer verbreiteten identitätspolitischen Funktionalisierung religiöser Themen gespeist, die sich in Auseinandersetzungen um kulturelle Zugehörigkeiten zwischen Mehrheitsgesellschaft und (vielfach muslimischen) Minoritäten äußert. Die Konfliktanlässe wechseln – das Kopftuchverbot in Schulen, der Bau von Moscheen, die Ausgestaltung des öffentlichen Religionsunterrichts – aber sie werfen durchgehend systematische Fragen auf, wie das Recht auf Religionsfreiheit im jeweiligen Kontext zu interpretieren ist. Religionsfreiheit als Menschenrecht stellt zumal an den säkularen Rechtsstaat hohe normative Anforderungen, leiten sich daraus doch Ansprüche auf diskriminierungsfreie Gewährleistungen dieses Rechts ab, die eine prinzipielle Neutralität des Staates in allen Fragen weltanschaulich-religiöser Sinnorientierung nach sich ziehen. Die Autorinnen und Autoren des Jahrbuchs diskutieren ebenso historische und politisch-institutionelle Grundlagen der Religionsfreiheit wie Kontroversen über deren Auslegung und exemplarische Verletzungen dieses Rechts.