Die türkische Zentralasienpolitik 1990-2007
Politikwiss. Diss. Heidelberg. – Mit dem Zerfall der Sowjetunion eröffnete sich der türkischen Außenpolitik zu Beginn der 90er-Jahre ein geografischer Raum, der neue kulturelle und politische Handlungsoptionen gewährte. Die Turkvölker stellen in vier der fünf zentralasiatischen Republiken ebenso die Bevölkerungsmehrheit wie im kaukasischen Aserbaidschan. Der Autor legt dar, dass Ankara die neuen Möglichkeiten nicht ungenutzt ließ und eine ehrgeizige Außenpolitik entwickelte, um als neuer Akteur eine starke Position einzunehmen. Zu maßgeblichen Pfeilern der neuen Außenpolitik wurden infolge der Gegebenheiten kulturelle, religiöse, ethnische, sprachliche und historische Komponenten, um sich über die turkstämmigen Bevölkerungsanteile Macht in der Region allgemein, aber auch insbesondere auf die Führung der Republiken mit turkstämmigen Mehrheiten zu sichern. Die ethnische Verwandtschaft und die gemeinsame Religion führten zu einem Selbstverständnis der Türkei als natürlicher Partner der zentralasiatischen Staaten und damit trat sie als „türkisches Modell“ (251) auch in Konkurrenz mit den Interessen des Iran, da nun ein säkulares und ein religiöses Staatsmodell einander gegenüberstanden. Vor dem Hintergrund dieser umfassenden Entwicklungen untersucht Özalp zudem die inneren Herrschaftsstrukturen der Türkei mit dem Ansatz der „defekten Demokratie“ (71), aber auch konkrete Interessenlagen beispielsweise im Pipelinebau. Im Resümee stellt der Autor fest, dass die Türkei ihre ehrgeizigen außenpolitischen Ziele in Zentralasien nicht erreichen konnte, da ihr die finanziellen Ressourcen fehlten und auch das politische System des Landes nicht die gewünschte Anziehungskraft entfaltete.