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Daniela Steenkamp

Zur Entwicklung von amnesty international (ai) in der Bundesrepublik Deutschland

Marburg: Tectum Verlag 2007; 105 S.; pb., 24,90 €; ISBN 978-3-8288-9487-7
Im Jahre 1961 in Großbritannien als zeitlich befristete Kampagne zur Unterstützung von gewaltlosen politischen Gefangenen angelegt, zählt amnesty international (ai) heute zu den bekanntesten Nichtregierungsorganisationen. Die deutsche Sektion gilt laut Edelmann Trust Barometer von 2006 in Deutschland „als die ‚vertrauenswürdigste Marke’“ (7). Dem steht – jüngeren Umfragen zufolge – in Deutschland eine mangelhafte Kenntnis der Menschenrechte gegenüber. Zudem werden Menschenrechte zwar als wichtig erachtet, doch zwei Drittel der deutschen Bevölkerung würden Folter unter gewissen Umständen zustimmen. Die Autorin fragt nach den Gründen für diese Diskrepanz zwischen dem positiven Image von amesty international und ihrer mangelnden Fähigkeit, die Öffentlichkeit für ihre Ziele, etwa das absolute Folterverbot, zu mobilisieren. Auf die Habermas’sche Annahme zurückgreifend, dass sich zivilgesellschaftliche Akteure durch ein bedeutendes gesellschaftspolitisches Mobilisierungspotenzial auszeichnen, skizziert die Autorin die Entwicklung der deutschen Sektion. Sie untersucht die Herausbildung verschiedener Ressourcen, wobei sie u. a. zwischen wissensbasierten, personellen, finanziellen, moralischen, medien- und öffentlichkeitsbezogenen Ressourcen unterscheidet. Darüber hinaus geht sie auf das als elitär geltende organisationsinterne Selbstverständnis ein. Die Organisation habe sich die „wissensbasierte Expertise zu Menschenrechtsverletzungen“ zur ureigensten Aufgabe gemacht und sei auf Mitglieder mit „einer hohen Sachkompetenz“ angewiesen. „Gezielt wurden gewisse Berufsgruppen wie Juristen, Journalisten und Ärzte rekrutiert und durch spezifische Selektionsprozesse bildungsfernen Schichten der Zugang erschwert. [...] Auf diese Weise konnte sich auch ein organisationsinterner elitärer Habitus entwickeln, den die Organisation intern weder problematisiert noch reflektiert hat.“ (91) Durch ihr Unvermögen, eine breitere gesellschaftliche Gruppe anzusprechen und sich an politischen Entscheidungen zu beteiligen, sei es problematisch, so die Autorin, amnesty international als gesellschaftspolitischen Akteur zu bezeichnen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.331 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Daniela Steenkamp: Zur Entwicklung von amnesty international (ai) in der Bundesrepublik Deutschland Marburg: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29206-zur-entwicklung-von-amnesty-international-ai-in-der-bundesrepublik-deutschland_34534, veröffentlicht am 15.07.2008. Buch-Nr.: 34534 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken