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Holger Arning

Die Macht des Heils und das Unheil der Macht. Diskurse von Katholizismus und Nationalsozialismus im Jahr 1934 – eine exemplarische Zeitschriftanalyse

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2008 (Politik- und Kommunikationswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft 28); 576 S.; 59,- €; ISBN 978-3-506-76436-2
Kommunikationswiss. Diss. Münster; Gutachter: J. Westerbarkey. – Der Autor leistet einen über den engeren Gegenstand hinaus wichtigen Beitrag zum Verständnis darüber, wie sich die katholische Presse in den Anfängen der NS-Herrschaft dieser gegenüber positionierte. Am Beispiel der vom 17.12.1933 bis zum 29.7.1934 erschienenen Ausgaben von „Unser Kirchenblatt“ der Diözese Münster wird systematisch (für die Zeit danach kursorisch) und diskursanalytisch untersucht, wie sich das Bistumsblatt in der Zeit unmittelbar nach der Machtergreifung mit der Rhetorik und Weltanschauung der Nationalsozialisten auseinandersetzte. Dabei entsteht eine hoch detaillierte Momentaufnahme jener kurzen historischen Phase, „in der der Katholizismus noch zuversichtlich mit der NS-Propaganda um die Definitionsmacht zentraler Topoi rang“ (11). Zunächst durch das Reichskonkordat geschützt, ging es ihr um die religiöse Wendung einer Propaganda, die sie (noch) nicht als solche überhaupt und vor allem (noch) nicht in ihren späteren praktischen Konsequenzen ablehnte (bzw. ablehnen konnte). Genuiner politischer Widerstand ist hier nicht zu finden, wohl aber attestiert Arning der katholischen Kirche noch 1934 einen Anspruch auf weltanschauliche Hegemonie, mithin eine begrenzte Resistenz innerhalb des herrschenden NS-Diskurses. Terminologisch und methodologisch lehnt er sich stark an Foucault an, verortet die untersuchten Diskurse aber auch handlungstheoretisch und psychologisch. Mit dem Zentralbegriff des Bedürfnisses will er jene suggestive Kraft des Nationalsozialismus fassen, die zur Verortung des Kirchenblattes „zwischen Widerstand und Macht“ (14) führte. Die oft bis zur Intertextualität reichende enge Verquickung der katholischen mit den NS-Konzepten – nationale und religiöse Gemeinschaft, Drittes Reich und Gottesreich, Führertum und Klerus, Helden und Heilige, etc. – lässt auf katholischer Seite die gleiche Unsicherheit erkennen, die viele Deutsche zeigten, für die (vor dem Röhm-Putsch) ebenfalls noch nicht in aller Konsequenz absehbar war, wie sich das Regime einmal entwickeln würde.
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 2.312 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Holger Arning: Die Macht des Heils und das Unheil der Macht. Paderborn u. a.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29038-die-macht-des-heils-und-das-unheil-der-macht_34295, veröffentlicht am 19.06.2008. Buch-Nr.: 34295 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken