Systemtheorie der Demokratie. Begriffe und Strukturen im Werk Luhmanns
Luhmann hat keine geschlossene Demokratietheorie entworfen, aber in der vorliegenden Rekonstruktion seiner Systemtheorie der Demokratie wird deutlich, dass seine Beiträge instruktiv für die aktuelle politikwissenschaftliche Debatte sind. Zweifellos ist es richtig, Luhmann nur bedingt in die Ahnenreihe der Demokratietheoretiker aufzunehmen, richtet er sich doch sowohl gegen die herrschende Meinung, Demokratie müsse sich aus Freiheit und menschlichem Verhalten begründen lassen als auch gegen den hieraus abgeleiteten starken Normativismus vieler Demokratietheorien. Er fragt dagegen nach Voraussetzungen, Operationsweisen und Rationalitätskriterien von demokratischer Herrschaft und antwortet, dass sie eine evolutionäre Errungenschaft des politischen Systems sind, die mit einem bestimmten Grad gesellschaftlicher Differenzierung notwendig geworden sei. Diese funktionalistische Perspektive findet Czernick zwar einerseits gewinnbringend, bemängelt jedoch auch, dass der Zusammenhang von gesellschaftlicher Differenzierung und politischer Demokratisierung zu vage gefasst bleibt. Zudem wohnt ihr ein konservativer Impetus inne: Wenn Demokratie ausschließlich als ein Modus des politischen Systems verstanden wird, so kann sie auch nicht auf andere soziale Systeme übertragen werden, würde dies doch die erreichte gesellschaftliche Differenzierung zurücknehmen. Zugleich ist es diese Frage nach der Spannung und Kopplung zwischen demokratisch und nichtdemokratisch organisierten Subsystemen innerhalb der modernen Gesellschaft, die neue Problemstellungen eröffnen.