Schluss mit der Heuchelei. Deutschland ist eine Großmacht
Gujer, Deutschland-Korrespondent der Zürcher Zeitung, vertritt eine klare Meinung: Das wiedervereinte Deutschland habe die „kritische Größe“ (9) erreicht, um als Großmacht die Weltpolitik mitzuprägen. Damit fordert der Autor eine emanzipierte und selbstbewusstere Außenpolitik. Die geschichtlichen Lasten als Bestimmungsfaktor der Außenpolitik und deren Perzeptionen durch die Nachbarstaaten hätten abgenommen – aber die „Tabuisierung von Machtpolitik“ (17) und Selbsttäuschung der Deutschen stehe einer aktiven Rolle in der Weltpolitik im Weg. Das Bild von Deutschland als Mittelmacht und Zivilstaat werde Deutschlands Möglichkeiten und den außenpolitischen Anforderungen nicht gerecht. Das zeige sich unter anderem in der nur zögerlichen Wahrnehmung strategischer Schlüsselinteressen. So würden die Sicherheit in der Malakka-Straße, die Energiesicherheit und die Frage der Nuklearwaffen in der neuen multipolaren Weltordnung vernachlässigt. Deutschland als traditioneller Zivilstaat müsse endlich anerkennen, dass militärische und zivile Ziele eng miteinander verknüpft seien.