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Susanne Krasmann / Jürgen Martschukat (Hrsg.)

Rationalitäten der Gewalt. Staatliche Neuordnungen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert

Bielefeld: transcript 2007 (Sozialtheorie); 290 S.; kart., 24,80 €; ISBN 978-3-89942-680-9
Die Autorinnen und Autoren des Bandes setzen sich interdisziplinär mit den historischen Kontinuitäten und Brüchen der staatlichen Neuordnung von Gewalt auseinander. In Anlehnung an Foucault wird Staat als Produkt einer Vielzahl gesellschaftlicher Diskurse und Praktiken verstanden, die ihn formen und ständig Veränderungen unterziehen. Der Rechtsstaat, so die Herausgeber, bleibe ohne den (möglichen) Einsatz von Gewalt wirkungslos. Die soziale Ordnung sei notwendig, um Gewalt einzudämmen, gleichzeitig sei aber Gewalt eine notwendige Bedingung des Aufrechthaltens von sozialer Ordnung. In diesem Sinne fragt Butler in ihrem Aufsatz, wie es möglich ist, ein Recht und eine Gerechtigkeit zu denken, die nicht in zwingender Gewalt gründet. Die weiteren Beiträge sind Fragen der Herstellung von Staatlichkeit und des Bewahrens staatlich gerechtfertigter Gewalt auf ganz unterschiedlichen Untersuchungsfeldern gewidmet. Hier stehen historische Beobachtungen wie die zum philippinisch-amerikanischen Krieg um 1900 und die Todesstrafe in den USA im selben Zeitraum oder das Verhältnis staatlicher (Polizei-)Einsätze, terroristischer Gewalt und den gesellschaftlichen Reaktionen in der Bundesrepublik in den 70er-Jahren neben Auseinandersetzungen mit aktuellen Themen wie dem Einsatz von Folter (Guantánamo) und der Bedeutung der Todesstrafe in der gegenwärtigen USA. Die Autorinnen und Autoren tragen mit ihren Beiträgen auch zu gegenwärtigen Auseinandersetzungen über das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit bei. Deutlich werden der Widerspruch zwischen diesen beiden Grundpfeilern westlicher Demokratien, aber auch die voranschreitenden einschneidenden Veränderungen der Konzeptionen von Staatlichkeit und Gewalt. Außen- und Innenpolitik, militärische Macht und Kriegsführungen überlagen sich zunehmend mit polizeilicher Macht und Kriminalpolitik – dabei wird staatliche Souveränität im Namen eines übergeordneten Rechts (z. B. der Terrorismusbekämpfung) infrage gestellt.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.25 | 2.2 | 2.21 | 2.23 | 2.27 | 4.41 | 5.41 | 5.46 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Susanne Krasmann / Jürgen Martschukat (Hrsg.): Rationalitäten der Gewalt. Bielefeld: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28284-rationalitaeten-der-gewalt_33293, veröffentlicht am 06.03.2008. Buch-Nr.: 33293 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken