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Thomas S. Eberle / Kurt Imhof (Hrsg.)

Sonderfall Schweiz

Zürich: Seismo 2007; 307 S.; 32,- €; ISBN 978-3-03777-047-4
Der Band enthält eine sehr anregende Auswahl der besten Beiträge zu einem Kongress anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie. Dass die Schweiz etwas anders tickt, ist nicht nur ein gerne gepflegtes Vorurteil beim großen Nachbarn im Norden. Die Schweizer selbst betonen, dass sie sich von anderen Nationen unterscheiden. Den Sonderfall Schweiz beschreibt Eberle gleich auf der ersten Seite als komplexe und „verbreitetste nationale Identitätskonstruktion“ (7). Das Problematische an dieser Identitätskonstruktion durchzieht die Beiträge wie ein roter Faden. Wenn die Schweizer ausdrücklich die nationale Dimension betonen, stellen sie sich gegen die ökonomische und kulturelle Globalisierung. Eine Beschäftigung mit dem Sonderfall Schweiz liefert deswegen Erkenntnisse zur Funktion des Nationalstaates in der Gegenwart. Die Herausgeber haben die Beiträge thematisch in drei Kapitel gegliedert: erstens die schweizerische Sonderfalldebatte, zweitens das Kapitalismusmodell der Schweiz und drittens Besonderheiten der schweizerischen Wirtschaft wie u. a. das Bankgeheimnis. Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist insbesondere der erste Teil interessant. So sprechen Karl-Siegbert Rehberg und Hanspeter Kriesi in zwei unterschiedlichen Aufsätzen der Schweiz rundheraus ab, ein Nationalstaat zu sein. Rehberg analysiert sie als Gleichgewichtssystem, das aus vielen unterschiedlichen Bestandteilen zusammengesetzt ist. Kriesi hält sie hingegen für eine Föderation von Nationen, deren gemeinsamer Nenner aufgrund der ausgeprägt föderalen Strukturen immer klein geblieben sei. Das Prinzip des Schweizer Modells habe durchaus Vorbildcharakter für die EU, die konkrete Ausgestaltung in den letzten Jahren habe sich aber überlebt und müsse den veränderten Gegebenheiten angepasst werden. In die gleiche Kerbe schlägt Stefan Kutzner, der das politische System der Schweiz als Kompromiss zwischen Nationalstaatsprinzip und Konföderationsprinzip darstellt. Die Stellung der Kantone sei aber so stark, dass die Volkssouveränität nur als abstraktes Prinzip bestehe.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.5 | 2.23 | 2.262 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Thomas S. Eberle / Kurt Imhof (Hrsg.): Sonderfall Schweiz Zürich: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27977-sonderfall-schweiz_32877, veröffentlicht am 29.07.2008. Buch-Nr.: 32877 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken