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Jens Wissel

Die Transnationalisierung von Herrschaftsverhältnissen. Zur Aktualität von Nicos Poulantzas' Staatstheorie

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2007; 229 S.; brosch., 34,- €; ISBN 978-3-8329-2689-2
Sozialwiss. Diss. Frankfurt a. M.; Gutachter: J. Hirsch. - Die „postnationale Staatlichkeit“ wird in den theoretischen Diskussionen wie „Regimetheorie“, „Global Governance“, „Mehrebenenansatz“ usw. zwar kontrovers diskutiert. Wissel kritisiert, dass diese aber infolge der Trennung von Ökonomie und Politik eine etatistische Sichtweise reproduzierten, indem der souveräne Staat nach wie vor als eigenes Subjekt der Herrschaft begriffen würde. Demgegenüber nähert er sich der Problematik aus neo-marxistischer Sicht, indem er die „Regulationstheorie“ mit neogramscianischen Ansätzen kombiniert, „da hier mit der Annahme einer entstehenden transnationalen Zivilgesellschaft die Transnationalisierungprozesse im Zentrum der Analyse stehen“ (13). Hierbei greift er auf die Staatstheorie des Politikwissenschaftlers Poulantzas (1936-1979) zurück, mit dessen Begriff der „inneren Bourgeoisie“ die „Transnationalisierung der Klassenstrukturen“ (17) erfasst werden könne. Denn Poulantzas’ Gesellschaftstheorie sei, wenngleich ursprünglich auf die Rolle der USA im Kapitalismus fixiert, „dazu geeignet, dualistische Vorstellungen – sowohl von Politik und Ökonomie als auch von innen und außen – in Bezug auf den Staat zu überwinden“ (14). So ergibt sich ein komplexer Befund: „Auch in der Phase der Transnationalisierung treten die Institutionen und Netze transnationaler Regulation nicht an die Stelle der Nationalstaaten“ und es komme auch „nicht zu einer ‚Herrschaft der Verbände’“, weil Herrschaft durch die Staaten politisch vermittelt bliebe. Gleichwohl könne das „Verhältnis zwischen Nationalstaaten und transnationalen Netzwerken [...] aber nicht als ein äußerliches verstanden werden, vielmehr sind die Nationalstaaten bedeutende, selbst innerlich transnationalisierte Knotenpunkte und damit Teil dieser Netze“ (196). Wissel verdeutlicht seine theoretische Arbeit kurz am Beispiel der WTO. Insgesamt handelt es sich um eine materialistisch geprägte Sicht, die aber gegenüber der „hegelianisch“ dominierten juristischen Staatslehre den Blick für die (ökonomisch-)politischen Interessen öffnet.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 5.41 | 5.46 | 2.2 | 4.3 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Jens Wissel: Die Transnationalisierung von Herrschaftsverhältnissen. Baden-Baden: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27941-die-transnationalisierung-von-herrschaftsverhaeltnissen_32829, veröffentlicht am 03.12.2007. Buch-Nr.: 32829 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken