Die viereinhalb Jahrzehnte vom „Weltkrieg zur Wende” weisen für Osteuropa noch eine Reihe von Forschungsdesideraten auf. Die Historische Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat deshalb eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die über dieses Forschungsfeld v. a. jüngeren osteuropäischen Historikern ein Forum bieten soll. Zu einem dieser „Ateliers Geschichte” liegt nun der Vortragsband vor. Er versammelt 19 Beiträge von Fachvertretern aus Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Polen, Serbien, Slowenien, Großbritannien, USA und Deutschland. Sie sind in vier Kapiteln zusammengefasst: Holocaust, Vertreibung, Machtdurchsetzung – Kommunismus und „Volksdemokratie” – Krisen und Auflösungserscheinungen – Nachwirkungen. Die Aufsätze geben Einblicke in die Strategien der kommunistischen Machtdurchsetzung und des Machterhalts, in die Widersprüchlichkeit der Paradigmen von „Volksdemokratie” und in die alltägliche Lebenswelt, in Hintergründe und Auswirkungen von Schlüsselereignissen (u. a. Ungarn-Aufstand 1956, Prager Frühling 1968, Helsinki-Konferenz 1975) oder erläutern die Rolle von Schlüsselpersonen (wie Michail Gorbatschow in der Schlussphase des tschechoslowakischen KP-Regimes 1989). Ebenso gilt der Blick den intellektuellen Nationalismusdebatten in Serbien, deren Vielschichtigkeit das Nationalismusproblem neu begreifen lässt. Da die Verfasser zumeist in osteuropäischen Staaten arbeiten, entfaltet der Band damit nicht nur beispielhafte Facetten von Erfahrungen mit Diktatur, Fremdherrschaft, Krieg, Holocaust, Kommunismus und schließlich dessen Ende, sondern zeigt auch, wie fruchtbar die Lektüre der Arbeiten jüngerer osteuropäischer Osteuropahistoriker sein kann.