Die Afrikapolitik Frankreichs ist gut erforscht und bietet ein solides Fundament an Kategorisierungen und Ansätzen. Hierauf baut Walsch seine historisch orientierte Arbeit auf und setzt darüber hinaus Akzente, die einen neuen Blick auf das Thema eröffnen sollen. Erstens dienen ihm theoretische Ansätze der Politikwissenschaft und insbesondere der Internationalen Beziehungen als Hintergrundfolie. Zweitens wählt er einen strukturalistischen Ansatz, wobei er als Analysekategorien das internationale System, politische Regime/Institutionen und die politische Kultur zugrunde legt. Damit gelingt Walsch ein tiefer Einblick in die Paradoxie der französischen Afrikapolitik, die sich in einem Widerspruch zwischen der Diktion von der Solidarität mit Afrika in politischen Äußerungen und der Verfolgung eigennütziger wirtschafts‑ und machtpolitischer Interessen ausdrückte. Beispielhaft wird aufgezeigt, wie die Unabhängigkeit afrikanischer Staaten durch die ehemalige Kolonialmacht geformt und in deren Sinne beeinflusst, wie die ehemals politische Kontrolle in wirtschaftliche Kontrolle umgewandelt wurde. Zudem stellt Walsch die geostrategische Rolle Afrikas für Frankreichs Position heraus: „Der Anspruch, eine internationale Macht von Gewicht zu sein, der im hohen Profil der Afrikapolitik, in der Führungsrolle in der europäischen Raumfahrt und in der Tatsache, Atommacht zu sein, seinen Ausdruck fand, erhöhte Frankreichs Einfluss in EWG‑/EG‑internen Interessenkonflikten und, vice versa, konnte Frankreich diesen Ball in Afrika spielen: mit der Macht Westeuropas im Rücken erhöhte sich Frankreichs Gewicht vis‑à‑vis den afrikanischen Staaten.“ (148)