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Martin Beckmann

Das Finanzkapital in der Transformation der europäischen Ökonomie

Münster: Westfälisches Dampfboot 2007; 244 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-655-6
Politikwiss. Diss. Marburg; Gutachter: H.-J. Bieling, F. Deppe. – Beckmann liefert eine der ersten umfassenden Analysen der Rolle institutioneller Anleger in der Restrukturierung von Politiken und Akteurskonstellationen in Europa. Während sich bisherige Untersuchungen in der Regel entweder mit den angloamerikanischen Ökonomien oder dem Einfluss institutioneller Anleger in Schwellenländern beschäftigten, ist Beckmann an den Auswirkungen des Finanzmarktkapitalismus auf die westeuropäischen demokratischen Wohlfahrtskapitalismen interessiert. Aufbauend auf Ansätzen einer neogramscianischen politischen Ökonomie operiert der Autor mit einem dreigliedrigen Machtbegriff, welcher zwischen relationaler, strategischer und systemischer Macht unterscheidet. Nach einem Überblick über die jüngere Entwicklung der globalen Finanzbeziehungen untersucht er die Auswirkungen institutioneller Anleger auf die europäischen Finanzmärkte sowie – anhand der drei Fallstudien Großbritannien, Deutschland und Frankreich – auf corporate governance-Strukturen und Rentensysteme. Während die systemische (vor allem in Form von Kapitalmobilität) und strategische Macht (Agenda-setting) institutioneller Anleger tendenziell zugenommen hat, zeigt sich der Bereich ihrer relationalen Macht (direkte Einflussnahme) noch am zwiespältigsten: Zwar lässt sich vor allem mit Blick auf die europäischen Institutionen aufgrund deren spezifischer Konfiguration eine Zunahme beobachten, gleichzeitig gibt es aber weiterhin anhaltende Widerstände auf nationaler Ebene, welche die institutionellen Anleger von Bündnissen abhängig machen. Dieser Faktor sowie die Tatsache, dass die institutionellen Anleger massive ökonomische Widersprüche und Konflikte produzieren, lässt die Zukunft der europäischen Ökonomie als noch nicht entschieden erscheinen und eröffnet tendenziell die Möglichkeit neuer Akteurskonstellationen im europäischen Finanzmarktkapitalismus. Empirisch reichhaltig und überzeugend dargestellt, füllt Beckmann damit eine große Lücke sowohl in der EU-Literatur als auch in der vergleichenden Wohlfahrts- und Kapitalismusforschung.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 3.5 | 4.43 | 2.61 | 2.3 | 2.262 | 2.342 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Martin Beckmann: Das Finanzkapital in der Transformation der europäischen Ökonomie Münster: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27687-das-finanzkapital-in-der-transformation-der-europaeischen-oekonomie_32516, veröffentlicht am 16.08.2007. Buch-Nr.: 32516 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken