Einzelinteressen und kollektives Handeln in modernen Demokratien. Festschrift für Ulrich Widmaier
Zu den zentralen Themen, mit denen sich Widmaier – bis 2007 Professor für Vergleichende Regierungslehre und Politikfeldanalyse an der Ruhruniversität Bochum – empirisch wie theoretisch befasst hat, gehört das Spannungsverhältnis zwischen individuellen und kollektiven Interessen. Die Frage nach den institutionellen, sozialmoralischen bzw. politisch-kulturellen Voraussetzungen der Identifikation und Realisierung des Gemeinwohls hat die Politikwissenschaft seit je beschäftigt, Widmaier hat sie vornehmlich im konzeptuellen Rahmen des Rational-Choice-Institutionalismus aufgegriffen. Ausgehend von der Prämisse individueller Nutzenmaximierung stehen dabei die von Mancur Olson herausgestellten Paradoxien kollektiven Handelns im Mittelpunkt. Gemeint ist damit das für die Akzeptanz und Leistungsfähigkeit moderner Demokratien zentrale Problem, wie angesichts zunehmender Individualisierung und Heterogenität gesellschaftlicher Gruppen die Herstellung von Kollektivgütern gewährleistet werden kann. Auch wenn diese Güter im kollektiven Interesse liegen, ist es für beteiligte Gruppen nicht zwingend rational, ihren Beitrag zur Güterherstellung zu leisten. Orientiert an den Arbeitsschwerpunkten Widmaiers diskutieren die Autoren des Sammelbandes Aspekte des Olson'schen Paradoxes an ausgewählten Politikfeldern, Koordinationsproblemen innerhalb von Organisationen und Verbänden und schließlich an komplexen Akteurskonstellationen wie dem europäischen Mehrebenensystem.