Politikwiss. Diss. Jena; Gutachter: H. Hubel, K. Dicke. – Der Autor bietet eine umfassende Betrachtung des in der deutschen Fachdiskussion weitgehend vernachlässigten Politikfeldes der internationalen humanitären Hilfe. Es geht ihm darum aufzuzeigen, dass die humanitäre Hilfe ihren eigentlichen sozialen, auf Humanismus gegründeten Kontext immer mehr verloren habe. Insbesondere seit Beginn der 90er-Jahre habe sich ein „Neuer Humanitarismus“ herausgebildet, der zwar das Erfordernis komplexer Problemlösungen anerkenne, aber „gleichzeitig die Grenzen zwischen humanitärem und politischem Raum [verwische]“ und „eine stärker werdende politische Vereinnahmung humanitärer Organisationen durch die Regierungen der Geberländer“ nach sich ziehe (30). Im Anschluss an eine ausführliche Darstellung der allgemeinen weltpolitischen Rahmenbedingungen internationaler humanitärer Hilfe und dem sich vollziehenden Paradigmenwandel zu Beginn der 90er-Jahre fragt Henzschel nach der Stellung der humanitären Hilfe in der deutschen Außenpolitik und deren – bislang kaum untersuchten – institutionellen (staatlichen und nichtstaatlichen) Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland. Die aufgezeigten Veränderungen und Politisierungstendenzen werden anhand von Fallbeispielen aus den 90er-Jahren herausgestellt, an denen die Bundesrepublik beteiligt war. Die internationale humanitäre Hilfe stellt sich in Deutschland als ein etabliertes, stark heterogenes und fragmentiertes Politikfeld dar, das sich offiziell dem Anspruch der politischen Ungebundenheit verpflichtet sieht. Allerdings lassen sich, wie der Autor zeigt, „durchaus Tendenzen einer Verstaatlichung und zunehmenden Instrumentalisierung der humanitären Hilfe beobachten.“ (313) Ausführlich und differenziert setzt sich Henzschel mit den damit verbundenen Problemen und Konsequenzen für die Praxis der humanitären Hilfe sowie für die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik auseinander.