Die Welt hat Nordkorea einen neuen „Ismus“ zu verdanken, den Kimilsungismus. Abgeleitet vom Namen des verstorbenen Diktators Kim Il Sung, sei darunter „eine Kompilation von im Kommunismus und Traditionalismus, in nationalistischen und militärischen Systemen, im religiösen Sendungsdenken und in weltlicher Götzenherrschaft bereits Dagewesenem [zu verstehen], eklektisch vom Nutzer zweckdienlich gemacht“ (250), schreibt Hans Maretzki. Eingeführt worden sei dieser Begriff vom Kim Jong Il, dem Sohn und derzeitigen Diktator, der damit seine Führungsmethode als Bestandteil der revolutionären Theorie habe erklären wollen. Maretzki zieht am Ende seiner Analyse des Führungsstils der beiden Diktatoren das (leider nicht überraschende) Fazit, dass bisher in Nordkorea politische oder wirtschaftliche Neuerungen im Sinne einer Transformation nicht zu erkennen sind. Und so verwundert es nicht, dass das Jahrbuch über Korea wie die Halbinsel selbst politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich in zwei Teile zerfällt. Während über Nordkorea neben dem Beitrag von Maretzki nur noch ein Überblick über das Geschehen 2004/2005 sowie ein Aufsatz zu den diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik zu finden sind, können die Autoren das aktuelle Geschehen in Südkorea weitaus differenzierter auffächern. Thematisiert werden unter anderem die Allianz mit den USA, die deutsch-koreanischen Wirtschaftsbeziehungen, die Folge sozialer Konflikte aus der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 1997/98, außerdem jugendliches Konsumverhalten in Südkorea und Deutschland im Vergleich und die Benachteiligung der Frauen im Arbeitsleben. Dargestellt werden auch die Entwicklung des Bildungssystems und die Belastungen durch einen „unmenschlichen Schulalltag“ (165) sowie ein Gesundheitswesen, in dem man reich und depressiv sein kann, aber nicht arm und schizophren nicht sein sollte.