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Uwe Danker / Manfred Jessen-Klingenberg / Sebastian Lehmann / Rolf Schulte / Astrid Schwabe

Demokratische Geschichte. Schwerpunktthema: Umgang mit der NS-Vergangenheit

Malente: Schleswig-Holsteinischer Geschichtsverlag 2006 (Jahrbuch für Schleswig-Holstein 17); 288 S.; 25,- €; ISBN 978-3-933862-38-9
„Schleswig-Holstein stellt fest, dass es in Deutschland nie einen Nationalsozialismus gegeben hat“ (173), zitiert der Historiker Robert Bohn den SPD-Landtagsabgeordneten Wilhelm Käber bei der ersten Lesung eines Gesetzes, mit dem 1951 in Kiel die Entnazifizierung beendet wurde. Der Umgang mit der Geschichte des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein, „wo die NS-Herrschaft besonders früh und besonders tief wirkte“ (6), so die Herausgeber, steht im Mittelpunkt des Jahrbuchs. Bohn beschreibt, wie vor diesem Hintergrund mittels Vertuschung, Verschleierung und Verdrängung jahrelang Entnazifizierungspeinlichkeiten stillschweigend beigelegt wurden – 99,5 % der Bevölkerung wurden als Mitläufer/Anhänger oder als Entlastete eingestuft. Uwe Danker stellt ferner fest, dass die Vergangenheitsbewältigung bis in die siebziger Jahre in Form eines „gemeinsamen Schweigens“ (206) stattfand. Und so habe mit Helmut Lemke (CDU) in den Jahren 1963 bis 1971 ein Ministerpräsident amtieren können, der vor 1945 NS-Bürgermeister von Schleswig und Eckernförde gewesen sei. Auch Karl Heinrich Pohl konstatiert, dass höchstens eine verschwindend kleine Minderheit der Bevölkerung mit der Vergangenheit gebrochen habe. „Einen systematischen Austausch der Eliten gab es nicht.“ (218) Trotz der ausgebliebenen Entnazifizierung sei festzustellen, dass die alten Nationalsozialisten nicht den demokratischen Aufbau störten und sich Schleswig-Holstein – „beeinflusst durch günstige nationale und internationale Umstände“ (218) – zu einem stabilen demokratischen Bundesland entwickelt habe. Die frühere Unterlassung in der Entnazifizierung sei inzwischen aufgearbeitet worden, schreibt Pohl. Zu überlegen wäre, ob die Nachkriegsgeschichte heute vielleicht stärker historisiert und weniger moralisiert werden müsste. Zu fragen sei außerdem, welche Schlüsse sich aus dem (eigentlich schlechten) Beispiel Schleswig-Holsteins für andere Transformationsprozesse ziehen ließen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.325 | 2.35 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Uwe Danker / Manfred Jessen-Klingenberg / Sebastian Lehmann / Rolf Schulte / Astrid Schwabe: Demokratische Geschichte. Malente: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26842-demokratische-geschichte_31323, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 31323 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken