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Hermann Weber / Gerda Weber

Leben nach dem "Prinzip links". Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten

Berlin: Ch. Links Verlag 2006; 480 S.; geb., 19,90 €; ISBN 978-3-86153-405-1
„Wir verhaften Sie, den Redakteur Hermann Weber.“ (13) – Mit diesen Worten wurde Weber im März 1953 festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, für die mittlerweile verbotene FDJ im Westen publizistisch tätig gewesen zu sein. Später wurde auch seine Frau Gerda verhaftet, denn sie arbeitete für den – noch legalen – kommunistischen Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD). Die Verhaftungen trafen das Ehepaar zu einem ungünstigen Zeitpunkt, wollten sie sich doch gerade von diesen beiden von der SED gesteuerten Organisationen trennen. Beide hatten sich in den vierziger Jahren auf der SED-Parteihochschule „Karl Marx“ kennengelernt. Diese Zeit haben sie in dem 2002 erschienenen Buch „Damals, als ich Wunderlich hieß“ beschrieben, nun erinnern sie vor allem an die fünfziger Jahre, in denen sie sich politisch neu orientierten. Das war allerdings nur unter erschwerten Bedingungen möglich: Vor dem Hintergrund ihrer Verhaftungen hätte die ideologische Loslösung von der SED schnell wie ein billiger Trick aussehen können. Vor allem Hermann Weber hält in der Mischung als Augenzeuge und Historiker Rückschau, womit seine Erinnerungen und auch die seiner Frau zu einem lebendigen Geschichtsbuch werden – mit treffenden Urteilen über die verlogene Abhängigkeit der Organisationen, die im Auftrag der SED im Westen tätig waren, aber auch über die nicht immer überzeugenden Versuche der westdeutschen Polizei und Justiz, den Kommunisten Schranken zu setzen. Weber ist es ein wichtiges Anliegen daran zu erinnern, dass es bereits vor 1968 in der Bundesrepublik eine unabhängige Linke gegeben hat. Nach ihren Entlassungen aus der Untersuchungshaft und den Freisprüchen begann für beide zwar eine beschwerliche Zeit, aber sie arbeitete schließlich als Lehrerin und Journalistin, er wurde Professor für Politische Wissenschaft und Zeitgeschichte in Mannheim und als Nestor der DDR-Forschung zum Schrecken der SED – ausgestattet mit einem ideologisch ungetrübten Blick, der vor allem ehemaligen Kommunisten gelingt, die ihre Illusionen gründlich verloren haben.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 1.32.32.3132.3142.3152.35 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hermann Weber / Gerda Weber: Leben nach dem "Prinzip links" Berlin: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26796-leben-nach-dem-prinzip-links_31262, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 31262 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken