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Gadi Blum / Nir Hefez

Ariel Scharon. Die Biografie. Aus dem Amerikanischen von Helmut Dierlamm und Hans Freundl

Hamburg: Hoffmann und Campe 2006; 592 S.; geb., 25,- €; ISBN 978-3-455-50002-8
Faktenreich erzählen die Journalisten Blum und Hefez das Leben Scharons, der bis zu seinem schweren Schlaganfall Anfang 2006 maßgeblich das politische Leben in Israel mitprägte – in den siebziger Jahren unterstützte er als Landwirtschaftsminister die jüdischen Siedler, die neue Dörfer in den Gebieten der Palästinenser bauten, als Ministerpräsident ließ er seit 2003 diese Siedlungen wieder räumen. Er war an den verschiedenen Kriegen beteiligt, Mitbegründer des Likud-Blocks und Gründer der Partei Kadima, setzte sich für die gezielte Tötung palästinensischer Terroristen ein und war mehr als einem Korruptionsverdacht ausgesetzt. Die Autoren schreiben, weder mit Scharon noch mit seinen Söhnen für dieses Buch gesprochen zu haben, können aber mit privaten Kenntnissen wie denen aufwarten, in welcher Ecke des Privathauses von Scharon es stets nach Essen roch. Diese Details können aber nicht verdecken, dass Blum und Hefez die widersprüchliche Persönlichkeit Scharons nicht enträtseln können, die Motive, die seine Politik bestimmten, bleiben unklar. Überhaupt ist das Buch für Leser, die mit der israelischen Innenpolitik nur oberflächlich vertraut sind, nicht zu empfehlen, es fehlen die roten Fäden in der Erzählung, mit denen das Geschehen hätte aufgeschlüsselt werden können. Auch die internationale Dimension des Nahost-Konflikts wird fast nur en passant erwähnt, weshalb sich man sich vielleicht wundern könnte, warum der US-Kongress darüber abstimmt, ob Israel Terroristen töten darf oder nicht. Geradezu unkritisch wird überhaupt die Gewalt geschildert. Die Autoren führen zwar akribisch die Opfer von Kriegen und Anschlägen auf, fragen aber nicht, ob und welche Alternativen es in den vergangenen Jahrzehnten gegeben hätte. Organisationen wie „Peace Now“ werden nur erwähnt, aber nicht inhaltlich im Kontrast zur Politik Scharons vorgestellt. Eine kritischere Betrachtung hätte dessen Persönlichkeit aber sicher in schärferen Konturen erscheinen lassen als es in dieser Biografie der Fall ist.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.1 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Gadi Blum / Nir Hefez: Ariel Scharon. Hamburg: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26794-ariel-scharon_31257, veröffentlicht am 27.03.2008. Buch-Nr.: 31257 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken