Seit geraumer Zeit spricht die Geschichtswissenschaft wieder von historischer Politikforschung. Nachdem spätestens seit den 70er-Jahren die Politikgeschichte zugunsten von Sozial-, Kultur- und Begriffsgeschichte zurücktreten musste, erfährt sie jetzt eine Neubelebung, die sie allerdings wesentlich dem „cultural turn“ der genannten Perspektiven der Historiografie verdankt. Die so erneuerte Politikgeschichte tritt vornehmlich im Gewand einer Kulturgeschichte des Politischen auf, sie legt ihren Schwerpunkt auf die Erforschung politischer Diskurse und Semantiken. Ihr Interesse gilt vor allem Phänomenen der Machtausübung, der Staatlichkeit und des politischen Agierens, mithin den klassischen Fragen der politischen Geschichte, die sie unter Verwendung kulturwissenschaftlicher Ansätze einer Neuinterpretation zu unterziehen versucht. Diese vor allem als Methodendebatte geführte Reformulierung der historischen Politikforschung stellt Schorn-Schütte in ihrem Essay dar. Im größten Teil der Abhandlung geht es um die deutsche Tradition und Gegenwart der Politikforschung innerhalb des Faches Geschichte, auf die internationale Dimension der Debatte wird gleichwohl hingewiesen. Die systematischen Bezüge der Politikgeschichte zur Politikwissenschaft werden nicht herausgearbeitet, obwohl die Diskurse in der Prägephase der Disziplin um 1900 herum gerade das nahelegen. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive ist das bedauerlich. So kreist der Essay doch vorwiegend um die Methodendiskussion der deutschen Geschichtswissenschaft. Die abschließend angeführten drei Beispiele sollen der Konkretisierung der Anliegen der neuen Politikgeschichte dienen. Plausibel wird das vor allem anhand der Darstellung des Ordogedankens der Frühen Neuzeit.