Die Erinnerungsforschung hat einige Bedeutung für die Politikwissenschaft, vor allem im Rahmen der dominierenden konstruktivistischen Ansätze. Die Literaturwissenschaftlerin behandelt das Thema verstärkt im Hinblick auf Gesellschaft und Politik. Im kürzeren theoretischen Teil unterscheidet sie zwischen dem individuellen, dem kollektiven und dem kulturellen Gedächtnis. Die ersten beiden werden ausführlich behandelt, dem dritten ist eine andere Veröffentlichung gewidmet. Dabei wird die Tendenz der Forschung erkennbar, die Konstruktion an die Vorgaben der Realität zu binden. Die Begriffsbestimmungen sind hilfreich, denn sie geben z. B. dem umstrittenen kollektiven Gedächtnis eine sinnvolle Bedeutung. Der zweite Teil bindet die Analyse an Fallbeispiele aus dem Rahmen des Holocausts, der zunehmend der indirekten Erinnerung zufällt. Dabei wird deutlich, dass es wahre so gut wie falsche oder unangemessene Erinnerung gibt und auch Verdrängungsstrategien. Die Verbindung von Erfahrungsgedächtnis und kulturellem Gedächtnis sowie die besondere Bedeutung von Gedächtnisorten und -tagen werden eigens beleuchtet. Ein Ausblick auf die europäische Identität beendet die Untersuchung, die zwischen der kulturwissenschaftlichen Perspektive und dem Blick auf die gesellschaftliche Organisation des Gedächtnisses pendelt. Im Schlusskapitel ruft Assmann dazu auf, der Erinnerung neutraler gegenüberzutreten und damit zugleich eine Unterscheidung zwischen gefährlichen und nicht-gefährlichen Erinnerungsstrukturen zu ermöglichen.