Die brasilianische Stadt Porto Alegre steht für das inzwischen weltweit bekannte und vielfach adaptierte Projekt einer demokratischen Haushaltsplanung. Dabei stehen die Interessen der lokalen Bevölkerung bei der Verteilung öffentlicher Mittel im Vordergrund. Dieses „partizipative Budget“ wurde in verschiedenen Varianten in zahlreichen Gemeinden und in Rio Grande do Sul inzwischen auch auf der bundesstaatlichen Ebene umgesetzt. Es wird häufig als Ausdruck dafür gesehen, dass in Zeiten neoliberaler Grundstimmung durchaus emanzipatorische gesellschaftspolitische Alternativen möglich sind. Der Autor stellt die Entwicklung dieser Budgetpolitik in den weiteren theoretischen Kontext von Zivilgesellschaft und Staat. Er setzt sich u. a. mit dem Entwicklungsbegriff von Amartya Sen sowie verschiedenen Ansätzen zur politischen Rolle von Zivilgesellschaft, Staat und Parteien bei der Demokratisierung auseinander. Als Entwicklungsziel formuliert er „die Ermächtigung der Unterdrückten“ und stellt „Konzepte des radikalen und des revolutionären Reformismus sowie das der gesellschaftliche Aneignung“ vor (16). Anschließend analysiert er am Fallbeispiel der Budgetpolitik die strukturellen Rahmenbedingungen und Handlungsmöglichkeiten für eine emanzipatorische Politik im brasilianischen Transformationsprozess. Obgleich die stufenweise Umsetzung des partizipativen Budgets darauf hinweise, so Leubolt, „dass das Vorgehen tendenziell im Sinne des radikalen Reformismus stattfand“ (167), zeigten die Erfahrungen in Porto Alegre und Rio Grande do Sul auch, „dass die Utopie einer emanzipierten Gesellschaft noch lange nicht erreicht werden konnte, in der der ‚Sprung der Menschheit aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit’ gelingt“ (168).