Das Etikett Wissensgesellschaft wird in derart unterschiedlichen Kontexten und mit derart unterschiedlichen Intentionen verwendet, dass der Begriff jegliche Schärfe zu verlieren droht. Auf der einen Seite dient er – ähnlich wie die Rede von industrieller bzw. postindustrieller Gesellschaft – dazu, Struktureigenschaften moderner Gesellschaften hervorzuheben – hier also als leitende Produktivkraft Wissenserzeugung- und verwendung. Auf der anderen Seite wird damit ein stark individualisierender Modus der Vergesellschaftung bezeichnet, aus dem dann u. a. bildungs- und arbeitsmarktpolitische Strategien wie lebenslanges Lernen abgeleitet werden. In dieser Mischung von zumeist unausgewiesenen empirischen und normativen Vorannahmen scheint Wissensgesellschaft zu einem nicht mehr hinterfragten Deutungsschema moderner Gesellschaft zu werden. Eben diesen zeitdiagnostischen Anspruch des Begriffs problematisieren die Autoren des Sammelbandes und analysieren ihn teils an zentralen Theoremen der Wissensgesellschaft, teils an ausgewählten empirischen Untersuchungsfeldern wie Wissensökonomie, Bildung/Wissen, neue Medien kritisch. Von etlichen anderen Publikationen zum Thema unterscheidet sich diese darin, dass von den Autoren ausdrücklich eine ideologiekritische Perspektive eingenommen wird, die soziale Akteure und deren Interessen hinter den scheinbar selbstständig ablaufenden Prozessen benennen und einen herrschaftskritischen Blick in die Zeitdiagnose zurückholen möchte.