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Hans-C. Graf Sponeck

Ein anderer Krieg. Das Sanktionsregime der UNO im Irak. Aus dem Englischen von Michael Bayer und Norbert Juraschitz

Hamburg: Hamburger Edition 2005; 365 S.; geb., 35,- €; ISBN 978-3-936096-56-9
Nach der Lektüre dieser ernüchternden Bilanz des UN-Sanktionsregimes im Irak bleibt die Überzeugung, dass umfassende Wirtschaftssanktionen im gegenwärtigen internationalen System kein geeignetes Instrument der Konfliktregelung sind. Das durch sie verursachte Leid steht in keinem Verhältnis zum angestrebten Zweck. Der Autor – von 1998 bis 2000 verantwortlicher UN-Koordinator des „Öl für Lebensmittel“-Programms und beigeordneter UN-Generalsekretär – kommt zu dem Schluss, dass es der UN-Sicherheitsrat im Irak versäumte, „seine Politik in den von der UN-Charta gesteckten Grenzen durchzusetzen“ [217]. Nachvollziehbar beschreibt er, wie das irakische Volk durch die UN-Sanktionen und die Diktatur Saddam Husseins gleichermaßen um seine Lebenschancen betrogen wurde. Sponeck benennt die Gründe für das Scheitern des UN-Sanktionsregimes. Nicht nur seien die Verantwortlichen auf allen Seiten von „Hardlinern umgeben [gewesen], die ihre politischen und sonstigen Interessen durchsetzen wollten“ [134]. Deutlich werden auch Strukturprobleme im institutionellen Gefüge der UN. Der Generalsekretär konnte durch leitende Mitarbeiter bewusst umgangen werden, kritische Berichte auf höchster Ebene einfach „verschwinden“ [134]. Klar wird auch, dass das humanitäre Programm niemals über finanzielle Planungssicherheit verfügte. Die Unterfinanzierung, die Blockierung dringend benötigter Güter und die erschwerend wirkenden Finanzmechanismen waren dabei letztlich durch den UN-Sicherheitsrat verantwortet. Besonders die USA und Großbritannien verfolgten kompromisslos das politische Ziel eines Regime-Wechsels. Sponecks Erfahrung, „daß es seinen Preis hatte, die Schwelle vom ‚gehorsamen Beamten’ zum Menschen, der seinem Gewissen folgt, zu überschreiten“ [165] mündete in den konsequenten Entschluss, von seiner leitenden UN-Funktion zurückzutreten. Sie war auch Triebkraft für die Anfertigung dieser umfassenden, in weiten Teilen mit Gewinn zu lesenden, Studie, die im Kern die - eigentlich alltägliche - Verwischung der Grenzen zwischen politischem und humanitärem Raum im internationalen System beklagt.
Thomas Henzschel (TH)
Dr., Auswärtiges Amt, Arbeitsstab Iran.
Rubrizierung: 4.41 | 4.3 | 2.63 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Thomas Henzschel, Rezension zu: Hans-C. Graf Sponeck: Ein anderer Krieg. Hamburg: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24885-ein-anderer-krieg_28767, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 28767 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken