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Norbert Mappes-Niediek

Die Ethno-Falle. Der Balkan-Konflikt und was Europa daraus lernen kann

Berlin: Ch. Links Verlag 2005; 223 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 3-86153-367-7
Der langjährige Südosteuropa-Korrespondent und ehemalige UN-Berater Mappes-Niediek behandelt ein Thema, das nicht unbedingt auf der Hand liegt: die Gemeinsamkeiten zwischen dem ehemaligen Jugoslawien und der Europäische Union. Er beschäftigt sich mit Multikulturalismus vor dem Hintergrund der aktuellen Terrorismusgefahren sowie mit ethnischen und konfessionellen Unterschieden im Gegensatz zu der Frage nach Verordnung einer Leitkultur. Der gewaltsame Niedergang der Bundesrepublik Jugoslawien war für den Autor weniger die absehbare Wiederkehr lange verdrängter Konflikte als vielmehr das konsequente Ende eines historischen Irrwegs. Das Dogma des erzwungenen ethnischen Gleichgewichts zwischen den einzelnen Völkern habe Jugoslawien zerstört. Trotz nennenswerter Unterschiede zwischen der EU und der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien (beispielsweise die Demokratie) gebe es dennoch eine wesentliche Gemeinsamkeit: die Art der Entscheidungsfindung. Die EU bilde in allen wesentlichen Fragen einen Runden Tisch, an dem einstimmig entschieden werden muss. Diese Vorgehensweise sorge für das unaufhaltsame Auseinandertreiben des Modells Europa. Denn die Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips, ohne parallel ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Nationen oder Staaten zu entwickeln, sei langfristig das Verhängnis der EU. Ebenso wie in Jugoslawien sei in der EU zwar eine gemeinsame Volkswirtschaft vorhanden, gleichzeitig existierten aber auch verschiedene nationale Identitäten. Das System der EU habe es bislang nicht geschafft, die Gegensätze zwischen den Nationen zu neutralisieren, vielmehr habe es zu einer Verankerung der Unterschiede beigetragen. Dieses Vorgehen berge die Gefahr, dass die einzelnen Nationen den Eindruck gewinnen, sie würden von den jeweils anderen ausgenutzt. Auch wenn den hier gezogenen Parallelen die wissenschaftliche Begründung zum Teil fehlen mag, ist der Vergleich nicht zuletzt durch die Einblicke in die Politik des alten Jugoslawiens interessant.
Merle Vetterlein (MEV)
Dipl.-Politologin, Doktorandin, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg (IFSH).
Rubrizierung: 2.61 | 2.2 | 2.22 | 2.23 | 2.25 | 4.41 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Merle Vetterlein, Rezension zu: Norbert Mappes-Niediek: Die Ethno-Falle. Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24726-die-ethno-falle_28573, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 28573 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken