Skip to main content
Peter Hurrelbrink

Der 8. Mai 1945 - Befreiung durch Erinnerung. Ein Gedenktag und seine Bedeutung für das politisch-kulturelle Selbstverständnis in Deutschland seit 1945. Mit einem Vorwort von Gesine Schwan

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2005; 411 S.; brosch., 24,- €; ISBN 3-8012-5032-6
Diss. FU Berlin; Gutachter: G. Schwan. – Der Autor zeichnet die Ausdeutung des 8. Mai 1945 im Rahmen der öffentlichen Erinnerungskultur aus historischer Perspektive nach. Dazu hat er einerseits offizielle Reden und Stellungnahmen führender Funktionsträger anlässlich des Gedenktages, andererseits die Berichterstattung der wichtigsten Printmedien ausgewertet. Ergänzend wurde die private Wahrnehmung dieses Datums in ausgewählter Erinnerungsliteratur analysiert. Hurrelbrink zeigt, dass in der DDR bereits kurz nach Kriegsende die Lesart der Befreiung der Ostdeutschen vom Faschismus durch die Sowjetunion dominierte. Die Frage nach der Schuld der Deutschen sei praktisch nicht thematisiert worden. Diese Interpretation habe sich rasch verfestigt und bis zur Wiedervereinigung dominiert. In der Bundesrepublik dagegen sei der 8. Mai bis in die 70er-Jahre hinein kein hervorgehobener Tag des öffentlichen Gedenkens gewesen. Danach habe sich jedoch eine zunehmend pluralistische Ausdeutung herausgebildet. Als wegweisend könne die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985 gelten. Darin habe er Befreiung vor allem als innere Befreiung und damit Grundlage der Demokratie interpretiert. Nach der Wiedervereinigung sei das Kriegsende als Beginn der nun überwundenen Teilung Deutschlands betrachtet worden. In den letzten Jahren sei eine zunehmende Europäisierung der Erinnerung zu beobachten. Öffentliche Gedenkreden, so das Fazit des Verfassers, können „in doppelter Hinsicht ein Medium der Demokratisierung sein“, nämlich „ein Spiegel des Wandels der politischen Kultur“ und „zugleich ein Faktor eben dieses Wandels“ (362). Ist Ersteres durchaus plausibel, bleibt Letzteres eine unbelegte – und mit der Methodik der Studie auch nicht belegbare – Hypothese des Verfassers.
Silke Becker (BE)
Dipl.-Soziologin; freie Journalistin.
Rubrizierung: 2.35 | 2.313 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Silke Becker, Rezension zu: Peter Hurrelbrink: Der 8. Mai 1945 - Befreiung durch Erinnerung. Bonn: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23907-der-8-mai-1945---befreiung-durch-erinnerung_27483, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 27483 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken