Der Titel deutet bereits an, dass die Deutsche Einheit keinesfalls als Erfolgsstory dargestellt wird, sondern die Bilanz nach 15 Jahren zahlreiche Schwachstellen, Notstände und Defizite aufweist. Der Band hat „zentrale Diskurse im Wiedervereinigungsprozess“ (13) zum Gegenstand, mit denen der „Status Quo [...] einigermaßen präzise“ (12) beschrieben werden soll. Die Autorinnen und Autoren befassen sich mit verfassungsrechtlichen sowie sozial-, wirtschafts- und umweltpolitischen Problemlagen, untersuchen die Transformation politischer Institutionen und behandeln psychologische, demografische sowie armuts- und geschlechterbezogene Fragestellungen. Die Ergebnisse der achtzehn Einzelanalysen stützen insgesamt die These von der „Fortexistenz zweier Teilgesellschaften“, die Roland Roth in seinem Beitrag über den Transfer politischer Institutionen diskutiert und hierfür insbesondere die Beitrittsvariante der Transformation verantwortlich macht. Die „schwache soziale Verankerung [der politischen Institutionen], ihr Schweben über dem Alltag der Menschen, verbunden mit einem äußerst dünnen Legitimationspolster indiziert fragile Verhältnisse. Dass sie nachträglich durch eine rasche Wohlstandsentwicklung ein stabiles Unterfutter erhalten, erscheint [...] wenig wahrscheinlich. Handelte es sich um ein Brettspiel, lautete die Empfehlung ‚Gehe zurück auf Los!’“ (184) Aus dem Inhalt: I. Einführung Rainer Hufnagel / Titus Simon: Zur Einführung: Kalamitäten und offene Fragen des deutschen Einigungsprozesses (11-21) II. Gelingen und Misslingen: zentrale Diskurse um den Wiedervereinigungsprozess: Titus Simon: Von Divergenzen und Dissonanzen. Fragmentarische einlassungen zu richtigen und Falschen Diskursen ost- und westdeutscher Befindlichkeiten nach der Wende (25-44) Wolfgang Ullmann: Die Einheit der Bundesrepublik Deutschland als Verfassungsaufgabe (45-61) Rainer Hufnagel: Der lange Abschied vom Rheinischen Kapitalismus (63-89) III. Lebenslagen im wiedervereinigten Deutschland Christine Dienel: Abwanderung aus Ostdeutschland - vom Wendephänomen zum langfristigen Trend? (93-110) Laura Wahrig: Armut bei allein erziehenden Müttern in Ost und West - Ergebnisse des Niedrigeinkommens-Panels (111-123) Silke Bothfeld: Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück? Die Situation der Frauen im gesamtdeutschen Arbeitsmarkt (125-146) Rainer Hufnagel: Leere Wiegen Ost. Zum dramatischen Rückgang der Geburtenziffern in den Neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung (147-154) Jürgen Wolf: Ältere Menschen in den neuen Bundesländern. „Gewinner der Einheit“, Verlierer am Arbeitsmarkt, Zurückgelassene am Wohnort? (155-168) IV. Institutionen im Transformationsprozess Roland Roth: Jenseits der Blaupause - Zum Transfer politischer Institutionen (171-187) Karl-Heinz Braun: Schulentwicklung in Ostdeutschland: ein Beitrag zur nachholenden Revolution? (189-206) Birgit Bütow / Susanne Maurer: Ost-West-Verhältnisse im Spektrum: Herausforderungen und Konfliktlinien am Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe in den neuen Bundesländern (207-225) Heinz-Jürgen Dahme: Die Freie Wohlfahrtspflege in Ostdeutschland. Modernisierung mit Risiko (227-240) V. Geschlechterbezogene Fragestellungen Anne Hampele Ulrich: Frauen- und Geschlechterpolitik im vereinten Deutschland (243-264) Hans-Joachim Maaz: Mangel an Mütterlichkeit in der vereinten deutschen Gesellschaft (265-279) VI. Umweltpolitische und städtebauliche Problemstellungen der deutschen Wiedervereinigung Volker Lüderitz: Problemfall Umwelt Ost - Hoffnung auf Nachhaltigkeit? (283-297) Rainer Bohne: Tabuzone Stadtumbau-Ost (299-310) VII. Kultur und Subkultur: Dieter Rink: Jugend- und Subkulturen in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft (313-325) Peter Grohmann: Hatte Zeit zu verschenken. Skizzen zu einem Ost-West-Ost-West-Parforceritt (327-242)