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Reinhold Zippelius

Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen. Ausgewählte Aufsätze

Berlin: Duncker & Humblot 2004 (Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte 33); 181 S.; 36,- €; ISBN 3-428-11456-6
Der Titel suggeriert eine Auseinandersetzung mit einem auch für Politikwissenschaftler sehr interessanten Thema. Leider erweisen sich die in der Publikation versammelten Aufsätze jedoch als primär rechtsphilosophisch motiviert und somit empirisch wenig fundiert. Wie schon in seiner Staatslehre, hantiert der Verfasser zudem mit Entlehnungen aus der Soziologie, Systemtheorie und Politikwissenschaft, ohne deren Fragestellungen, Probleme und theoretisch-empirischen Erkenntnisse für sein prätendiertes Thema wirklich fruchtbar zu machen. Das alles liest sich durchaus gefällig, und man wird dem Verfasser schwerlich widersprechen können, wenn er konstatiert, dass kulturelle Leitideen das Handeln insbesondere rechtsunterworfener Akteure sowohl steuern als auch legitimieren. Und natürlich finden sich solche Leitideen nicht zuletzt im Recht und seiner genetisch nachweisbaren Affizierung durch die Religion. Aber deren Funktion lässt sich über einen recht konventionellen und eklektischen ideengeschichtlichen Abriss mit Fokus auf der Genese des Rechtsstaates, der modernen repräsentativen Demokratie und der vertikalen Gewaltenteilung im Gewand der Subsidiarität kaum ergründen. Letztlich landet Zippelius dann bei Apologien der modernen Staatlichkeit und so wenig originellen Erkenntnissen wie der, dass demokratische Entscheidungsgewalt strukturiert und begrenzt werden müsse und es hierzu rechtsstaatlicher Verfahren und Institutionen bedürfe, um demokratische Entscheidungen einem vernunftgeleiteten Konsens näher zu bringen. Beachtlich ist zudem der fast durchgehende normative Impetus, so etwa, wenn der Autor ohne weitere Umschweife deduziert, dass es insgesamt gelte, „die Demokratie zu einer Meritokratie auszugestalten, d. h. das lange verpönte Leistungsprinzip wieder stärker zur Geltung zu bringen“ (123). Alles in allem vermag diese Mischung aus Allgemeinplätzen, normativer Deduktion und interdisziplinär anmutenden Versatzstücken vielleicht als juristische Erbauungslektüre zu dienen, politikwissenschaftlich jedoch ist sie wenig ertragreich.
Roland Lhotta (RL)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.44 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Roland Lhotta, Rezension zu: Reinhold Zippelius: Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen. Berlin: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21980-verhaltenssteuerung-durch-recht-und-kulturelle-leitideen_25050, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25050 Rezension drucken