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Georg Vobruba

Kein Gleichgewicht. Die Ökonomie in der Krise

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2012 (Interventionen); 92 S.; brosch., 12,95 €; ISBN 978-3-7799-2847-8
Zur Untermauerung der These, dass die Gleichgewichtsökonomie in einem wirtschaftlichen System als Problemauslöser gelten kann, bedient sich Georg Vobruba eines äußerst interessanten theoretischen Ansatzes. Indem er den Bezug zur Soziologie herstellt und deren theoretische Wahrnehmung von Gesellschaft auf das ökonomische Gleichgewichtswissen anwendet, gelingt es ihm, ökonomische (Krisen)-Phänomene aus dieser beobachtenden Sicht zu analysieren. Der Verfasser bietet einen guten Abriss der Entstehungsgeschichte des gleichgewichtsökonomischen Denkmusters und stellt das mit diesem verbundene Gleichgewichtswissen als „Mischform von traditionalem und modernem Denken“ (15) heraus. Vor dem Hintergrund, dass Gleichgewicht als Konsequenz von Selbstregulierungsmechanismen und daher als „das Ergebnis von hinter den ökonomischen Entscheidungen wirkenden transzendenten Kräften“ (229) betrachtet werden muss, ist besonders die folgende Arbeitsmarktanalyse als Stärke dieser Studie hervorzuheben. Mithilfe des ökonomisch-soziologischen Ansatzes wird der Arbeitsmarkt einerseits als „Markt wie jeder andere“ (45) betrachtet, jedoch werden sehr schnell seine wirtschaftlichen Eigenheiten herausgearbeitet. Da die Arbeitskraft nicht von ihrem Träger trennbar ist und somit nicht als Ware betrachtet werden könne, komme es keineswegs zu einem Gleichgewicht, sondern vielmehr zu einer Asymmetrie zwischen Angebot und Nachfrage. Somit versage die Gleichgewichtsökonomie beim Erklären der Arbeitsmarktproblematik; die Arbeitskraft an sich ist eben nicht nur mit dem ökonomischen, sondern auch mit dem gesellschaftlichen und sozialen System verknüpft. Insbesondere wegen des innovativen, unüblichen, aber sehr aufschlussreichen theoretischen Zugangs und des neuen Blickpunktes auf die Krisenpolitik, die „vor dem Dilemma [...] zwischen dem Stören und dem Bestärken von Vertrauen“ (85) stehe, hätte man sich am Ende eine etwas ausführlichere Untersuchung der Eurokrise gewünscht.
Julia Kiesow (KIE)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Doktorandin am Institut für Politikwissenschaft, Universität Gießen
Rubrizierung: 2.2 | 2.262 | 2.342 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Julia Kiesow, Rezension zu: Georg Vobruba: Kein Gleichgewicht. Weinheim/Basel: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21968-kein-gleichgewicht_43023, veröffentlicht am 22.11.2012. Buch-Nr.: 43023 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken