Skip to main content
Silvian Lipp

Standort Schweiz im Umbruch. Etappen der Wirtschaftspolitik im Zeichen der Wettbewerbsfähigkeit

Zürich: Neue Zürcher Zeitung 2012; 252 S.; geb., 42,- €; ISBN 978-3-03823-796-9
Diss. Freiburg (Schweiz); Begutachtung: J. Jung. – Obwohl die Schweiz mitten in Europa liegt, hat sie bislang bewusst von einer Vollmitgliedschaft in der EU Abstand gehalten. Neutralität und Unabhängigkeit sind Leitsterne am schweizerischen Politikhimmel, auch wenn sie in einer globalisierten Welt inzwischen blasser strahlen. Der Schweizer Wirtschaftshistoriker Lipp untersucht die Veränderungen der schweizerischen Wirtschaftspolitik seit den 1970er-Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Politik der Schweiz von einer wirtschaftspolitischen Dualität geprägt: von einer liberalen Außenhandelspolitik (die Mitgliedschaft in der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA unterstreicht dies) einerseits, binnenwirtschaftlich hingegen von stark regulierenden Absprachen und Kartellen, die im Endeffekt protektionistisch wirkten. Durch das europäische Binnenmarktprojekt wurde die Schweiz in den 1980er-Jahren vor die Frage gestellt, ob sie bereit sei, um des erwünschten Zugangs zum Binnenmarkt willen auch ihren eigenen Markt zu öffnen und zu liberalisieren. Der vom Schweizerischen Bundesrat ausgehandelte Beitritt zu einem großen Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) scheiterte allerdings Ende 1992 in einer Volksabstimmung. In der Folge hatte die Eidgenossenschaft zunächst keinen Zutritt zum EU-Binnenmarkt und der erhoffte binnenwirtschaftliche Liberalisierungsschub blieb vorerst aus. Erst Ende 1998 konnte nach mühsamen Verhandlungen ein erstes Paket von sieben bilateralen Abkommen mit der EU abgeschlossen werden, dem 2004 ein zweites Paket mit weiteren neun Abkommen folgte. Durch die damit verbundenen internen Reformen konnte die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts gestärkt werden. Mittlerweile ist die bilaterale Vorgehensweise bei der EU allerdings an Grenzen gestoßen, sodass die Schweiz aktuell vor neuen Hindernissen steht und inzwischen wieder über die Option eines EWR-Beitritts diskutiert. Lipp stellt in seiner quellengesättigten Studie (allein das Literatur- und Quellenverzeichnis umfasst 20 Seiten!) faktenreich das Vorgehen und die Entscheidungsprozesse der schweizerischen Wirtschaftspolitik vor. Abschließend wird in einem knappen Resümee festgehalten, dass es der Schweiz gelungen ist, traditionelle Standortvorteile zu bewahren, durch strukturelle Reformen Standortnachteile abzubauen und so neue Dynamik zu entfachen. Die Publikation ist sorgfältig lektoriert, von der Aufmachung allerdings ein wenig eigenwillig gestaltet, indem – vielleicht mangels geeigneter Abbildungen oder Bilder – die Kernaussagen des Buches den Lesern in vergrößerter Fettschrift auf grau unterlegten Seiten noch einmal plakativ vor Augen gestellt werden.
Burkard Steppacher (BKS)
Prof. Dr., Konrad-Adenauer-Stiftung; Forschungsinstitut für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen, Universität zu Köln (http://www.jeanmonnetchair.uni-koeln.de/index.php?id=252).
Rubrizierung: 2.5 | 2.22 | 2.262 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Burkard Steppacher, Rezension zu: Silvian Lipp: Standort Schweiz im Umbruch. Zürich: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21766-standort-schweiz-im-umbruch_42915, veröffentlicht am 24.01.2013. Buch-Nr.: 42915 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken